Im Prozess um die Tötung eines Tunesiers hat am Freitag der einzige Augenzeuge vor dem Landgericht ausgesagt. Mohammed H. (24) wirkte nicht nur nervös, sondern widersprach seinen früheren Angaben. Möglicherweise wurde der 24-Jährige im Vorfeld von Angehörigen des Angeklagten bedroht.
Mohammed H. hatte wohl kaum damit gerechnet, dass er das traumatische Erlebnis während der langen Flucht von Nordafrika nach Leipzig erst ganz am Ende des beschwerlichen Weges machen würde. In der Messestadt war der Mittzwanziger mit seinem Bekannten Hamza G. verabredet. Die Männer kannten sich aus der Heimat. Am 21. Oktober erreichte Mohammed H. morgens um fünf Uhr mit dem Fernbus die Messestadt. Vom Hauptbahnhof aus fuhr er mit der Linie 15 zur Stuttgarter Allee, wo ihn sein Kumpel in Empfang nahm.
Auf dem Weg zu dessen Wohnung passierte das Unvorstellbare. Der Angeklagte, Argjent K. (20), tauchte in Begleitung eines weiteren Mannes auf. Hamza G. begann mit dem Kopf zu schütteln und versuchte noch, zu fliehen. Vergeblich. „Er schrie, sie liefen hinterher. Ich war schockiert“, erzählte sein Begleiter dem Gericht. „Ich stand vielleicht für 15 Sekunden da. Als ich dann wieder zu mir kam, rannte ich auch hinter ihnen her. Das war in einem Park. Da sind zwei auf mich zugekommen. Einer hielt ein Messer in der Hand.“
Gegenüber dem Ermittlungsrichter gab der Augenzeuge an, Argjent K. habe seinem Freund das Messer in den Rücken gerammt. Am Freitag revidierte er die Aussage. „Ich habe gehört, dass Hamza geschrien hat.“ Den Messerstich habe er jedoch nicht beobachtet. Selbst nachdem der Vorsitzende Rüdiger Harr den Zeugen über die Strafbarkeit einer Falschaussage belehrt, bleibt der bei seiner Aussage. Allerdings räumte der Hauptbelastungszeuge ein, stark verängstigt zu sein. Nach dem Messerangriff sei Argjents Bruder einmal in einem Wettbüro gezielt an ihn herangetreten.
„Ich bitte das Gericht um Sicherheit für mich. Das ist hier eine sehr große Sippe. Und ich bitte das Gericht, in meinem Land beerdigt zu werden, falls mir wegen der Aussage heute etwas passieren wird.“ Staatsanwältin Kathrin Minkus alarmierte daraufhin umgehend die Polizei, um Leben und Gesundheit des Zeugen zu schützen.
Schon am Mittwoch waren zwei Zeuginnen aus Angst vor Argjent K. und seinem Umfeld der Verhandlung ferngeblieben. Der Angeklagte gehört einer Gruppe von Albanern an, die das Gebiet rund um das Allee-Center ganz offensichtlich zu ihrem Revier erklärt hat. Anlass für den Mord soll ein Streit zwischen Hamza G. und einem Verwandten des Täters gewesen sein.
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