Eine Anhängerin des 1. FC Lok Leipzig soll Polizeibeamte nach einem Spiel beleidigt und geschlagen haben. Sie selbst und ihre Tochter behaupten das Gegenteil: Die Polizisten hätten sie beleidigt, bedroht und geschlagen. Ein „fankundiger Beamter“ der Bundespolizei spricht von „aggressiver Stimmung“ sowohl bei seinen Kollegen als auch den Lok-Fans. Am Ende beschuldigt die Verteidigung die Staatsanwaltschaft, sich schützend vor die Beamten zu stellen. Das Urteil wird am Mittwoch verkündet.

Nach einem Fußballspiel des 1. FC Lok Leipzig im November 2015 waren Anhänger des Vereins vor dem Hauptbahnhof mit der Polizei aneinandergeraten. Die Angeklagte F. soll dabei einem Beamten ihren ausgestreckten Mittelfinger gezeigt und – nachdem sie einer Identitätsfeststellung unterzogen werden sollte – einem anderen gezielt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Am ersten Verhandlungstag Anfang April bestätigten die beiden betroffenen Polizisten diese Darstellung nochmals.

Die Angeklagte schilderte es vor Gericht allerdings folgendermaßen: Ihre damals 15-jährige Tochter hatte gegenüber den Polizisten Unverständnis über deren rabiaten Umgang mit anderen Lok-Fans geäußert und war daraufhin zu Boden gestoßen worden. F. beschwerte sich über diese Handlung, woraufhin ein Beamter drohte, dass sie „auch noch eine auf die Fresse bekommen“ könne. Anschließend wurde sie selbst zu Boden gebracht, getreten und geschlagen.

Aufgrund der widersprüchlichen Angaben und auf Wunsch des Verteidigers hatte Amtsrichterin Gudrun Engelhardt einen weiteren Verhandlungstag angesetzt. Als erste Zeugin war am Montag die Tochter der Angeklagten geladen. Diese bestätigte die Schilderungen ihrer Mutter und ergänzte, dass die Polizisten sogar mehrmals einen Schlagstock eingesetzt hätten. „Sie hat geschrien und gesagt, dass sie keine Luft mehr bekommt.“

Der Bruder der Angeklagten bezeichnete das gesamte Verhalten der Polizisten an diesem Nachmittag als aggressiv. Bereits auf dem Augustusplatz seien willkürlich Fans aus der Straßenbahn gezerrt und Sätze wie „Freut euch schon mal auf den Bahnhof“ geäußert worden. Dort habe dann ein Polizist „Wir gehen jetzt mal drauf“ gerufen, woraufhin mehrere von ihnen losgerannt seien. Er selbst habe Pfefferspray abbekommen und vom Geschehen rund um seine Schwester deshalb nicht viel mitbekommen.

Ein ebenfalls geladener Bundespolizist, der zudem ein sogenannter fankundiger Beamter ist, bestätigte eine „aggressive Stimmung“ auf beiden Seiten. Zu den Vorwürfen der Anklage und der eigentlich Beschuldigten konnte er jedoch keine Angaben machen. Stattdessen äußerte er sich zu seinen bisherigen Begegnungen mit F.: „Ich habe sie noch nie aggressiv erlebt. Sie versucht eher beruhigend auf andere Fans einzuwirken.“ Allerdings wurde F. bereits zweimal wegen Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt. Der jüngste Fall liegt fünf Jahre zurück.

Die Staatsanwältin erklärte in ihrem Plädoyer, dass sie die Vorwürfe der Anklage aufgrund der Aussage der beiden Polizisten als erwiesen betrachte. Dafür sprächen auch die Lichtbilder und das dienstärztliche Attest der Verletzung. Die beiden Beamten hätten keinen „Belastungseifer“ gezeigt. Die anderen Zeugen hingegen hätten sich teilweise widersprochen. Die Staatsanwältin forderte eine Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je zehn Euro.

Der Verteidiger bezeichnete die Staatsanwaltschaft daraufhin als „befangen“. Sie würde sich „schützend vor ihre Beamten stellen“. Er argumentierte, dass die Polizisten wegen der ihnen vorgeworfenen Straftaten ein Eigeninteresse verfolgten: „Hier wird jemand geschützt, der eigentlich straffällig geworden ist.“ Alle anderen Zeugen hätten übereinstimmend von einem aggressiven Verhalten der Beamten gesprochen. Die Angeklagte sei freizusprechen.

Richterin Engelhardt will das Urteil am Mittwoch, um 9 Uhr, verkünden.

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