Keine andere Partei in Deutschland inszeniert sich so gerne als Law-and-Order-Partei wie die AfD. In Leipzig ist gerne mal von „rechtsfreien Räumen“ die Rede. Wenn es zum Beispiel um Connewitz oder die Eisenbahnstraße geht oder kurz formuliert: um Linke und die multikulturelle Gesellschaft. Im vergangenen März beklagte beispielsweise Landesvorstandsmitglied Ralf Nahlob die „anarchistischen Zustände in Leipzig“ und meinte damit die Besetzung der ehemaligen Führerscheinstelle in der Platostraße durch Aktivisten der „Social Center“-Kampagne. Nun scheint die Anarchie auf die AfD übergegriffen zu haben: sie klaut Berufs-Fotografen einfach die Bilder für ihre Parteipublikationen.
Gemeinsam mit dem Leipziger Stadtrat Holger Hentschel hat Nahlob nun für die aktuelle Ausgabe der Online-PDF-Ausgabe von „AfD-Sachsen Aktuell“ einen Aufmachertext zur „Extremismus“-Veranstaltung in Leipzig am 20. Februar verfasst. Die L-IZ hatte über die Diskussion berichtet und dabei unter anderem kritisiert, dass diese sich weniger um das angekündigte Thema „Extremismus“, geschweige denn Rechtsextremismus in Sachsen als vielmehr um die grundsätzliche Arbeit der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag drehte.
Diese Kritik an der Veranstaltung hat die AfD zwar im eigenen Beitrag nicht aufgegriffen, doch dafür hat sie sich auf andere Weise extrem bei der L-IZ bedient: Indem die AfD Sachsen ungefragt und rechtswidrig mehrere L-IZ-Fotos aus jenem Artikel zur Illustration ihrer Parteipublikation verwendete.
Gleich fünf L-IZ-Fotos bebildern nun den Text von Hentschel und Nahlob. Somit ist fast die komplette Fotogalerie der L-IZ von jenem Abend im PDF „AfD-Sachsen Aktuell“ der Rechtspartei zu sehen. Zudem wurde auf der Facebookseite der sächsischen sowie der Leipziger AfD jeweils eines der Fotos mit dem Leitthema des Beitrages „Demokratiefeinde in Leipzig?“ untertitelt extra ins Netz geladen.
Wer war’s?
Presserechtlich verantwortlich für die Publikation der AfD Sachsen ist laut Impressum der Netz-Wochenpublikation der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Hartung. Das ist insofern bemerkenswert, als dass Hartung nach eigenen Angaben „jahrelang leitender Redakteur und Journalistenausbilder“ war.
So ist es zumindest der vor einem Jahr veröffentlichten Pressemitteilung mit dem Titel „AfD Sachsen kritisiert unprofessionelle Berichterstattung“ zu entnehmen.
Hartung störte sich darin an einem angeblich gegen zahlreiche journalistische Prinzipien verstoßenden Online-Artikel der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ (DNN) mit „unklarer Autorschaft“. Am Ende des damals kritisierten Textes stand lediglich das Redaktionskürzel DNN, aber kein konkreter Name.
Nähme sich Hartung selbst ernst, wäre es wohl ausgeschlossen, dass nun die fünf L-IZ-Bilder nicht nur gegen jedes denkbare Urheberrecht verstoßend in seiner Publikation aufgetaucht sind – nein, sie kommen auch noch ohne irgendeine Nennung eines Fotografen daher. Also Aneignung fremden Eigentums und Nutzung desselben zu eigenen Zwecken.
Die 5 L-IZ-Fotos vom 20. Februar 2017, die in der AfD-Parteipublikation gelandet sind
Im Falle der von der L-IZ.de geklauten Fotos wären der AfD Sachsen und Leipzig wohl einiges erspart geblieben, wenn sie die Urheberschaft der Fotos gemäß journalistischer Minimalanforderungen vorab geprüft hätten. Vielleicht hätte aber auch schon der „gesunde Menschenverstand“, eine kurze Google-Bildersuche oder die Frage geholfen, ob Hentschel, Nahlob oder irgendwer am 20. Februar wirklich den Gegenprotest aus der Nähe, Frauke Petry und sogar ihren eigenen AfD-Stadtrat Christian Kriegel an der Tür der „Alten Börse“ fotografiert haben.
Was folgt?
Bei vielen Versehen meldet man sich einfach als Zeitung, einzelner Journalist oder beruflicher Fotograf, gibt kurz Bescheid und bittet darum, die missbräuchliche Verwendung von Fotos oder Texten einfach sein zu lassen. Gerade bei Privatpersonen, die nicht immer so ganz wissen, was sie da tun, bleibt also so manches Auge zugedrückt. Und wer vorher fragt, kann auch Mal erleben, dass die L-IZ.de nicht päpstlicher als der Papst ist.
Im Falle der AfD Sachsen geht die Sache nun jedoch einen anderen Weg. Sie ist eine bundesweit operierende Partei mit Mandatsträgern, Vorständen und eigenen Medien und Publikationen. So erscheint „AfD-Sachsen Aktuell“ wöchentlich, unter der Verantwortung des sächsischen AfD-Pressesprechers Thomas Hartung und wird im Netz verbreitet.
Die einzelnen Vorgänge, denn jedes widerrechtlich genutzte Bild stellt einen einzelnen Verstoß gegen das Urheberrecht dar, wurden heute an die Rechtsvertretung der L-IZ mit der Bitte um kostenpflichtige Abmahnung und Unterlassung inklusive aller Belege übergeben. Da der Verstoß bereits begangen und belegt ist, dürfte der Rest juristische Formsache sein.
Ein Vorgehen, welches sicher im Sinne der AfD ist und einem praktischen Beispiel der Forderungen dieser Partei entspricht: Gegen rechtsfreie Räume, für Law and Order. And Urheberrecht.
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