Am Ende ging er kurz aus sich heraus. „Ich habe ihn wirklich nicht gewürgt, ich schwöre“, beteuerte Christian K. (35). Und fügte mit leicht brüchiger Stimme hinzu: „Ich will abschließen, aber irgendwie...“ Bis dahin hatte der Angeklagte die Verhandlung am Amtsgericht augenscheinlich ruhig und gelassen verfolgt. Die Staatsanwaltschaft lastete dem Leipziger an, einen 40-Jährigen am 22. November 2015 in der Westhalle des Hauptbahnhofs mit mehreren Tritten attackiert, an die Wand gestoßen und gewürgt zu haben.

Dem Angriff war ein Streit um die Fotoausrüstung des Opfers vorausgegangen, von der sich Christian K. provoziert fühlte. Im Prozess hatte der selbständige Bauhelfer, der an jenem Nachmittag mit einem Kumpel eine Fußballpartie besucht und dort auch einigen Alkohol konsumiert hatte, seine Begegnung mit Frank K. eingeräumt. Demnach habe er den 40-Jährigen in der Annahme, gegen seinen Willen fotografiert zu werden, nach einem kurzen Wortgefecht an die Wand gedrückt. Gewürgt habe er ihn aber nicht: „Ich war niemals am Hals. Er hat ja gesprochen, also kann ich ihn nicht gewürgt haben.“

Für Amtsrichterin Heike Gunter-Gröne stand dagegen nach der Beweisaufnahme fest: „Sie sind hinterhergelaufen, haben ihn gepackt und ihn am Hals gedrückt.“ Vor allem die Aussage des Opfers, das Christian K. in seiner Zeugenvernehmung zweifelsfrei wiedererkannt hatte, brachte das Gericht zu dieser Überzeugung. Zudem hatten mehrere Beamte der am fraglichen Abend stark präsenten Bereitschaftspolizei, die den Vorfall aufgenommen hatte, den Zustand des Geschädigten nach dem Übergriff bestätigt: „Er war extrem aufgeregt, hat gezittert, war sichtlich angeschlagen“, so ein Polizist vor Gericht.

Demgegenüber fiel die Aussage einer 14-Jährigen, die die Attacke zufällig mitbekommen und den Angreifer entgegen dem Aussehen Christian K.s als schlank und schwarzhaarig beschrieben hatte, nicht ins Gewicht. „Sie ist ein Teenager, hat sich sichtlich unwohl gefühlt in der Hauptverhandlung“, so Richterin Gunter-Gröne. Auch die Einlassungen von Christian K.s Kumpel, der keinerlei Beobachtungen gemacht haben wollte, hielt sie für kaum verwertbar. „Das Gericht hatte den Eindruck, dass er Sie in keiner Weise belasten wollte.“

Letztlich verurteilte Gunter-Gröne den Angeklagten am 3. August wegen Körperverletzung zu vier Monaten Gefängnis. Der ursprüngliche Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung wurde fallengelassen, da das Opfer nicht zum Arzt gegangen war und somit ein amtlicher Befund über das Ausmaß der Blessuren fehlte. Zumindest die Rötungen am Hals sah das Gericht durch die Aussagen der Polizisten aber als erwiesen an.

Eine Bewährung kam für die Richterin wegen der einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten nicht in Frage. „Man kann davon sprechen, dass Sie ein Gewalttäter und Intensivtäter sind. Eine kurze Freiheitsstrafe ist notwendig“, so Gunter-Gröne zum Angeklagten, dessen letzte Verurteilung erst knapp drei Wochen vor der Tat ergangen war und dem das Gericht eine „enorme Rückfallgeschwindigkeit“ bescheinigte.

Gunter-Gröne blieb damit klar unterhalb der Forderung des Staatsanwalts, der ein Jahr und zwei Monate Haft für Christian K. wegen gefährlicher Körperverletzung beantragt hatte. Verteidiger Matthias Luderer dagegen hatte Zweifel an der Schwere der Verletzungen und einigen Zeugenaussagen geltend gemacht und auf eine Geldstrafe „im untersten Bereich“ und maximal drei Monate auf Bewährung für seinen Mandanten plädiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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