Der Freistaat ist um einen Naziskandal reicher. Ein bekennender Nationalsozialist hat in Leipzig offenbar in einer Flüchtlingsunterkunft als Wachmann gearbeitet. Der ungeheuerliche Fall wurde während einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht publik. Willi N. (38) saß nach eigenen Angaben bis 2012 im Kreisvorstand der Leipziger NPD. Das Aufklärungsinteresse der zuständigen Behörden hält sich bislang noch in Grenzen.

Willi N. hatte sich am Dienstag, 16. August, in zweiter Instanz vor dem Landgericht wegen Volksverhetzung zu verantworten. Das Gericht verurteilte den Erwerbslosen schließlich zu 50 Tagessätzen zu je 13 Euro. Der Rechtsextremist hatte auf seinem öffentlich einsehbarem Facebook-Profil den Holocaust verharmlost.

Während der Verhandlung verlas die Vorsitzende Gabriela Walburg Auszüge aus dem Protokoll des erstinstanzlichen Prozesses vor dem Amtsgericht. Dort hatte sich der Leipziger öffentlich zu seiner rechten Gesinnung bekannt. „Ich bin Nationalsozialist und stolz darauf.“ Als sich das Gericht mit seinen persönlichen Verhältnissen befasste, kam zur Sprache, dass der Angeklagte im Zeitfenster zwischen Januar und August 2016 in der Erstaufnahmeeinrichtung Leipzig-Mockau I als Wachmann beschäftigt gewesen ist.

Dass der ehemaliger Funktionär einer Partei, die das Grundrecht auf Asyl abschaffen möchte, ausgerechnet ein Flüchtlingsheim bewachen durfte, wirft Fragen auf. Nach Gewerbeordnung und Bewachungsverordnung hätte Willi N. für Tätigkeiten im Sicherheitsgewerbe nämlich gar keine Genehmigung erteilt werden dürfen. Wer verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt, gilt demnach von Haus aus als nicht zuverlässig für die Arbeit in der Security-Branche.

Der Aufklärungswille der zuständigen Behörden hielt sich bislang erstaunlicherweise in Grenzen. Die Landesdirektion, die die Erstaufnahmeeinrichtung betreibt, erteilte L-IZ.de keine Auskunft, welche Unternehmen im fraglichen Zeitraum mit der Bewachung des Objekts betraut gewesen sind. „Zum Einen stehen Gründe des Datenschutzes dagegen, Vertragsinhalte und Vertragspartner bekannt zu geben. Zudem setzen wir uns in Situationen, wie sie von Ihnen beschrieben werden, bei Bekanntgabe der Namen Schadensersatzansprüchen der Unternehmen wegen Rufschädigung aus“, meint Pressesprecherin Jana Klein. Offenbar besteht seitens der Behörde ein beträchtliches Interesse daran, den skandalösen Vorgang der weiteren öffentlichen Aufklärung zu entziehen.

Eigene Recherchen von L-IZ.de ergaben derweil, dass die WSM Wachschutz GmbH Mittweida mit der Bewachung der Asylunterkunft beauftragt wurde. Das Landratsamt Mittelsachsen, das die Bewachungsunternehmen in dem Landkreis beaufsichtigt, bestätigte auf Anfrage zwar, dass die Firma Willi N. vorschriftsmäßig als Wachmann angemeldet habe. Zu den Ergebnissen des anschließenden Verfahrens, in dessen Verlauf die Behörde eine Sicherheitsüberprüfung beim Landesamt für Verfassungsschutz veranlassen kann, nahm Pressesprecher André Kaiser keine Stellung. „Im Hinblick auf den Datenschutz können wir hier keine weiteren Angaben machen.“

Die Stadt Leipzig vertritt hier offensichtlich eine andere Rechtsauffassung. „Herr N. hat zu keinem Zeitpunkt von der Stadt Leipzig eine Genehmigung erhalten, um als Wachperson tätig zu sein“, erklärte Ordnungsamtschef Helmut Loris.

Ob Willi N. überhaupt eine Genehmigung zur Ausübung des Security-Jobs besessen hat, bleibt somit vorerst im Dunkeln. Unklar ist demzufolge auch, ob die WSM Wachschutz GmbH Mittweida den Neonazi ohne Bewachungserlaubnis in der Erstaufnahmeeinrichtung beschäftigt hat. Das Unternehmen hat sich auf Nachfrage bisher nicht zu dem Fall geäußert.

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