Der Prozess gegen drei ehemalige Mitarbeiter des Leipziger Rechtsamts und eine Rechtsanwältin geht in die nächste Runde. Der Bundesgerichtshof hat überraschend eine mündliche Verhandlung über die Revision der Staatsanwaltschaft anberaumt. Die Verhandlung findet am 19. Juli vor dem 5. Strafsenat in der Messestadt statt.

Dass der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren eine mündliche Hauptverhandlung terminiert, ist statistisch betrachtet ein seltenes Phänomen. Gemeinhin werden neun von zehn Revisionen von den Strafsenaten ohne Verhandlung als offensichtlich unbegründet verworfen. Besteht unter den Richtern eines Senats Einigkeit, bedarf es keiner Hauptverhandlung. In der Praxis bedeutet das Revisionsverfahren für die Beteiligten in erster Linie Aktenarbeit. Das Revisionsgericht hat zu prüfen, ob Recht und Gesetz in der Vorinstanz rechtsfehlerfrei zur Anwendung gekommen sind.

Im Verfahren gegen die drei früheren Rechtsamtsmitarbeiter herrscht innerhalb des 5. Strafsenats offensichtlich nach Abschluss des Aktenstudiums und der senatsinternen Beratungen noch Uneinigkeit. Im Rahmen der Hauptverhandlung müssen die strittigen Punkte nunmehr mit den Beteiligten erörtert werden. Die Revisionsverhandlung ist allerdings keine Tatsacheninstanz. Beweise werden nicht erneut erhoben. Beobachter sollten an den Termin keine überzogenen Erwartungen richten.

Möglich sind zwei Entscheidungen. Der Bundesgerichtshof kann das Urteil des Landgerichts bestätigen. In dem Fall würde der Freispruch vom 14. November 2014 sofort rechtskräftig werden. Die Bundesrichter können das Urteil alternativ aufheben und das Verfahren – wie von der Staatsanwaltschaft beantragt – zur neuerlichen Verhandlung an das Landgericht zurückverweisen. In dem Fall müsste eine andere Kammer des Landgerichts den Fall erneut verhandeln.

In dem Verfahren mussten sich die ehemalige Leiterin des Rechtsamts, ihre Stellvertreterin, ein Sachbearbeiter und eine Rechtsanwältin wegen Untreue- und Betrugsvorwürfen verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte den angeklagten Mitarbeitern des Rechtsamts zur Last gelegt, in fünf Fällen ohne ausreichende Prüfung der Voraussetzungen für vermeintlich unbekannte Grundstückseigentümer gesetzliche Vertreter bestellt zu haben. Der angeklagten Rechtsanwältin hatte sie vorgeworfen, in einem dieser Fälle als bestellte gesetzliche Vertreterin eine Grundstücksveräußerung vorgenommen zu haben, obwohl ihr das Fehlen der Vertretungsvoraussetzungen bekannt gewesen sei.

Die seit 1993 geltende Vorschrift erlaubt es Kommunen, in Fällen der Nichtfeststellbarkeit eines Grundstückseigentümers oder seines Aufenthalts für diesen einen gesetzlichen Vertreter zu bestellen. Die Wirksamkeit der von solchen Vertretern vorgenommenen Grundstücksveräußerungen hängt von der Genehmigung durch die Bestellungsbehörde ab. Darüber hinaus hatte die Staatsanwaltschaft den drei angeklagten Mitarbeitern des Rechtsamts vorgeworfen, in insgesamt 43 Fällen die im Zuge von Grundstücksveräußerungen für unbekannte Grundstückseigentümer auf städtischen Konten verwahrten Erlöse ohne die aufgelaufenen Zinsen an die Berechtigten ausgekehrt zu haben.

Einem der angeklagten Mitarbeiter des Rechtsamts hatte die Staatsanwaltschaft schließlich zur Last gelegt, in 173 Fällen im Zusammenhang mit der Bestellung gesetzlicher Vertreter die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr unterlassen zu haben. Das Landgericht hat die vier Angeklagten freigesprochen, da es teilweise bereits an den objektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen fehle und die Angeklagten im Übrigen nicht vorsätzlich gehandelt hätten.

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