Elke M. (50) galt in Sachsen viele Jahre als eine der profiliertesten Ermittlerinnen auf dem Gebiet der Organisierten Kriminalität. Seit wenigen Wochen sieht sich die Oberstaatsanwältin selbst mit einem Ermittlungsverfahren konfrontiert. Ein Leipziger Richter wirft der Chefanklägerin Falschaussage und Strafvereitelung im Amt vor.
Stein des Anstoßes ist ausgerechnet M.s bislang größter Coup. Im Herbst 2014 beschlagnahmten Drogenfahnder 2,9 Tonnen des Crystal-Grundstoffs Chlorephedrin. Mittlerweile ist von dem Sensationsfund nicht mehr viel übrig geblieben. Aufgrund zahlreicher Ermittlungsfehler von Staatsanwaltschaft und Bundeskriminalamt ließ das Landgericht Leipzig weite Teile der Anklage gegen einen ortsansässigen Pharmahändler gar nicht erst zur Hauptverhandlung vor.
Der Prozess platzte vor einem Jahr noch vor Verlesung der Anklage, da BKA-Beamte nach Anklageerhebung einfach weiterermittelten. Das Ermittlungsverfahren war noch nicht abgeschlossen, das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt. Folgerichtig setzte der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr den Hauptbeschuldigten und einen Komplizen auf freien Fuß. M.s Ermittlungsarbeit rügte die Kammer mit einer Sachaufsichtsbeschwerde.
Nun handelte sich die Dezernatsleiterin noch eine Strafanzeige ein. In einem weiteren Prozess aus dem umfangreichen Chlorephedrin-Komplex soll M. angegeben haben, bei der Vernehmung eines Kronzeugen nicht zugegen gewesen zu sein. Ein BKA-Ermittler gab vor Gericht allerdings an, M. habe die Vernehmung selbst geführt. Zu allem Überfluss soll die Oberstaatsanwältin gegen den Mann heimlich, still und leise ein Verfahren eingestellt haben, in dem diesem der Handel mit zwei Kilo Chrystal vorgeworfen wird. Als der ungeheuerliche Vorgang bei Gericht zur Sprache kam, verschlug es Harr den Atem. Der Vorsitzende erstattete Anzeige.
„Das Ermittlungsverfahren wurde auf eine Strafanzeige hin wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage und der Strafvereitelung im Amt eingeleitet und die Staatsanwaltschaft Chemnitz mit den Ermittlungen beauftragt“, bestätigt Wolfgang Klein von der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft gegenüber L-IZ.de. Von ihren Verpflichtungen in Leipzig wurde Frau M. mittlerweile entbunden. „Frau Oberstaatsanwältin M. ist derzeit an die Generalstaatsanwaltschaft Dresden abgeordnet und bearbeitet Verfahren nach Zuweisung des Abteilungsleiters III ohne Einschränkungen“, so Klein.
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