Da stutzten nicht nur einige politische Akteure, als in Dresden der Innenminister und in Leipzig der Polizeipräsident in dieser Woche die neuen Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung vorstellten. Wurden die Zahlen geschönt, wo doch gleichzeitig die großen Medien der Bundesrepublik über einen rapiden Anstieg der Einbruchszahlen lamentierten? Im Landkreis Nordsachsen stellte die Unabhängige Wählervereinigung gleich eine ganze Latte von Fragen.
„1. Wie lautet die aktuelle Kriminalstatistik, bitte auch mit Aufklärungsraten, im Landkreis Leipzig in Bezug auf Diebstahl, Wohnungseinbrüche, Rauschgiftdelikte,
Körperverletzungen? – Bitte mit Zahlen unterlegen.
2. Gibt es regionale Schwerpunkte, wenn ja wo und welche? (in Bezug auf Frage 1)
3. Gibt es regional unterschiedliche Straftaten, die häufig auftreten, wenn ja wo und welche Straftaten betrifft dies?
4. Wo sieht die Landkreisverwaltung Schwerpunkte mit Handlungsbedarf im Zusammenhang mit Straftaten? (in Bezug auf Frage 1)“
Das alles würde die UWV in Nordsachsen gern wissen.
Der Landkreis Nordsachsen fällt natürlich auf. Denn während im Landkreis Leipzig und selbst in der großen Stadt Leipzig die Zahl der erfassten Delikte deutlich sank (im Landkreis Leipzig von 17.305 auf 15.847, in Leipzig selbst von 79.235 auf 73.614), gab es im Landkreis Nordsachsen eher nur einen leichten Rückgang von 12.447 auf 12.212 erfasste Fälle. Was nicht der entscheidende Unterschied ist. Der steckt im Detail.
Denn die Zahl der Diebstähle stieg in Nordsachsen an – von 5.302 auf 5.528. Besonders stark stiegen dabei die Fallzahlen bei Diebstahl in/aus Boden/Keller/Waschküche (von 370 auf 574) und von Diebstahl in/aus Büro/Lager/Werkstätten (von 356 auf 439).
Beide Diebstahlsarten gingen zum Beispiel im Landkreis Leipzig deutlich zurück. Die Vermutung, diese Entwicklung bei den Einbrüchen könnte mit dem ausgedünnten Polizeidienststellen-Netz in Zusammenhang stehen, bestätigt sich so nicht unbedingt.
Aber gerade die Eigenheimbesitzer sind natürlich mit all den bestätigten Nachrichten und unbestätigten Gerüchten aufs höchste verunsichert. Im Landkreis Leipzig gab es 2015 nämlich einen spürbaren Anstieg der Wohnungseinbrüche von 513 auf 578.
Und in der großen Stadt Leipzig, gern auch in Medien als „Kriminalitätshochburg“ beschimpft?
Gerade hier sorgte der deutliche Rückgang von Einbrüchen mit dafür, dass die Gesamtkriminalitätszahl wieder spürbar zurückging.
Die Zahl der Einbrüche in/aus Büro/Lager/Werkstätten ging von 1.856 auf 1.408 zurück.
Die Zahl der Einbrüche in/aus Boden/Keller/Waschküchen ging von 6.463 auf 6.208 zurück.
Und die Zahl der Wohnungseinbrüche schrumpfte von 2.045 auf 1.793.
Ein möglicher Grund für den Rückgang der Fälle könnte die extra geschaffene Sondereinheit sein, die sich speziell mit Diebstahl und Einbruch beschäftigt. Denn in der Regel hat man es immer wieder mit denselben Tätergruppen zu tun, die für eine ganze Serie von Einbrüchen verantwortlich sind.
Im April 2015 wurde im Ballungsraum der Stadt Leipzig diese Organisationseinheit geschaffen, die das gesamte Deliktsfeld der Eigentumskriminalität – vom Ladendiebstahl bis zum Einbruchsdiebstahl – zentral bearbeitet.
Aber das wird konterkariert.
Das betonte Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz bei der Vorstellung der Zahlen am Donnerstag, 7. April, extra: „Abermals betrug der Anteil der Polizeidirektion Leipzig an der sächsischen Gesamtkriminalität rund ein Drittel. Die Zahlen lassen zwar einen Rückgang erkennen, doch jener muss im Verhältnis zur parallel angestiegenen Anzahl offener Vorgänge betrachtet und bewertet werden. Insofern ist real eher von einem gleichbleibenden Niveau auszugehen. – Damit bleiben die Polizeidirektion Leipzig und hier speziell das Territorium der Kreisfreien Stadt Leipzig die absoluten Schwerpunkte der Kriminalitätsentwicklung im Freistaat Sachsen, was in besonderem Maße auf die hier festzustellende Eigentumskriminalität zutrifft. Daraus resultiert wiederum eine weiterhin hohe und deutlich überdurchschnittliche Arbeitsbelastung der Beschäftigten der Polizeidirektion Leipzig.“
Womit er natürlich auf die signifikante Unterbesetzung der Leipziger Polizei und die fehlenden Kapazitäten in der kriminalpolizeilichen Arbeit hinwies.
Ergebnis: Die Zahl der aufgeklärten Fälle sank von 52.488 im Vorjahr (48,2 %) auf 48.393 (47,6 %).
Da wird also selbst in der Aufklärungsquote sichtbar, wohin es führt, wenn man die Polizei über Jahre in der Personalstärke schrumpfen lässt und dabei deutlich die nötige Mannschaftsstärke unterschreitet, um die Sicherheit und Aufklärung im Land vollumfänglich zu gewährleisten.
„Schnelle Lösungen gibt es nicht, weshalb diese Schritte auf Nachhaltigkeit angelegt sind und der geduldigen, dauerhaften Fortsetzung bedürfen“, betonte Merbitz noch.
Die Geduld ist angebracht. Denn bis die sächsische Polizei wieder auf das notwendige Mindestmaß der Personalstärke kommt, werden noch Jahre vergehen. Die ersten notwendigen Weichenstellungen sind ja gerade erst eingeleitet worden.
Sicherheitslage in der Polizeidirektion Leipzig insgesamt.
Sicherheitslage 2015 in der Stadt Leipzig.
Sicherheitslage 2015 im Landkreis Leipzig.
Sicherheitslage 2015 im Landkreis Nordsachsen.
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