Erneut haben Terroranschläge die Welt erschüttert. Am Freitag traf es erneut Frankreich. Dem Anschlag fielen über 100 Menschen zum Opfer. Der Islamische Staat hat sich zur Tat bekannt. Nur wenige Stunden zuvor verübten ebenfalls IS-Terroristen einen Anschlag in Beirut. Mehrere Hundert Menschen gedachten den Toten aus Frankreich in der Leipziger Innenstadt am Samstagnachmittag.
Dieses Mal traf es wieder Paris. Den Anschlag auf das Satire Magazin Charlie Hebdo und eines jüdischen Supermarkts haben die westlichen Staaten in Europa gerade halbwegs verdaut, da knallt es am Freitag erneut in der französischen Hauptstadt. Wieder werden nichtsahnende Menschen von jihadistischen Banden getötet.
Weltweit legen Menschen Blumen nieder im Zeichen der Trauer. Kerzen werden aufgestellt. „Nicht in meinem Namen“ #notinmyname, lehnen Muslime im Netz die Gewalttaten ab. Auch in Leipzig haben sich Menschen am Samstagnachmittag zusammengefunden. In der Nikolaikirche trauerten gemeinsam mehrere hundert Menschen begleitet durch eine Rede von Oberbürgermeister Burkhard Jung.
Wenig später nahmen im Thomaskirchhof 20 circa 150 Personen Anteil. Hier ist der Sitz des französischen Institutes in Leipzig. Auf der Website der Einrichtung verweist man auf eine Nummer des Krisenzentrums, das nach den Anschlägen eingerichtet wurde.
Miren steht zusammen mit einer Gruppe von anderen Erasmus-Studentinnen aus Spanien vor dem Eingang des Institutes. „Angst“, sagt sie, ist ihr als erstes durch den Kopf gegangen. Für Susana, eine Freundin von ihr, wecken die Bilder sofort die Erinnerung an die Anschläge von Madrid im Jahre 2004. 191 Menschen starben damals, 2.051 wurden verletzt als mehrere Bomben mitten im Berufsverkehr in Zügen explodierten.
„Wir haben gedacht es war ISIS“, sagt sie und dürfte damit den Reflex von vielen widerspiegeln, die die ersten Meldungen gesehen haben. Wenige Stunden später bekannte sich die Terrororganisation Islamischer Staat zu den Anschlägen. Frankreich reagierte mit der Verhängung des Ausnahmezustandes und der sofortigen Schließung der Grenzen. Militär patrouilliert auf den Straßen.
Es dauerte nicht lange, bis die ersten Meldungen von Politikern und Autoren erschienen, die die Verbindung zur Flüchtlingsdebatte aufmachten. „Wir dürfen keine illegale oder unkontrollierte Zuwanderungen zulassen“, kommentierte der CSU-Politiker Markus Söder auf Twitter. In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ sah er ebenfalls die Grenzschließung von Deutschland als Option.
Maximilian Krah von der CDU aus Dresden, sah sogar die Anschläge als Gipfel der „dramatischen Entwicklung“ der Flüchtlingszahlen auf dem CDU-Landesparteitag, laut der Journalistin Andrea Dernbach. Dabei war noch nicht einmal sicher, wie viele Personen ohne französische Staatsbürgerschaft überhaupt an den Taten beteiligt waren. „Keine Mehrheitsmeinung der Dresdner Union“, hieß es sofort vom Kreisverband auf die Äußerungen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière warnte vor einer verfrühten Vermischung der Themen.
„Ich finde es nicht gut, IS und die Flüchtlinge zu vergleichen“, meint ebenfalls Martha aus der Studentinnen-Gruppe. „Sie haben Angst, sie haben die gleichen Probleme“, schätzt sie die Situation der nach Europa kommenden Flüchtlingen ein.
Schaut man etwas über den europäischen Tellerrand hinaus, erscheint ein Ereignis, über das im Zuge der französischen Anschläge deutlich weniger berichtet wird: Nur Stunden vor dem Anschlag, explodierten in Beirut, der Hauptstadt des Libanon, Bomben. Knapp 50 Menschen starben, 200 wurden verletzt, quasi Alltag in den Regionen um die Gebiete des IS.
Auch René ist zur Gedenkveranstaltung gekommen. Wie für die Spanierinnen war für ihn ziemlich schnell klar, dass es der IS gewesen sein muss. „Die Zeit des grenzenlosen Europas scheint vorbei zu sein“, vermutetet er im Hinblick auf die aktuellen politischen Debatten. Äußerungen vom G20-Gipfel aus der Türkei, dürften ihm da Recht geben.
„Wer den Islam nicht im Kopf hat, sollte über die Anschläge schweigen“, schwirrt ihm eine Parole durch den Kopf, wie er sagt. Es solle nicht pauschalisierend diskutiert werden, aber es muss diskutiert werden, weil es sonst an einer Sprache fehlt. „Wir brauchen eine schmerzhafte Debatte“, räumt er ein, „über den Zustand der arabischen Gesellschaften.“
Gerade der Blick auf die Unterstützer des IS ist wichtig. Eines zeigen die Anschläge immer und immer wieder: der islamistische Terror ist international. Die Täter kamen aus Frankreich, wo sie lebten und sich vermutlich radikalisierten. Zwei sollen aus Syrien über Griechenland eingereist sein. Belgische Staatsbürger sollen an den Anschlägen beteiligt gewesen sein.
Dass eine Debatte ebenfalls darüber fehlt, was denn eigentlich “Europa” ist oder sein sollte, hat sich längst mit der Frage von Verteilungsquoten für Flüchtlinge aufgedrängt. Einige lehnen diese sogar ab. Polen hat beispielsweise verkündet, dass man aufgrund der Anschläge in Paris den Verteilungsschlüssel nicht mehr erfüllen will – so viel zum Thema Europa.
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