Mike Kretschmann (44) ist eines von sieben Mitgliedern im Kreisvorstand der Leipziger AfD. Ein Auszug aus dem Bundeszentralregister des Justizministeriums enthält keinerlei Eintragungen zu seiner Person. Daran ändert sich auch nach einer Hauptverhandlung wegen Insolvenzverschleppung nichs, da das Verfahren gegen Zahlung von 1.000 Euro eingestellt wurde.
Kretschmann ist seit 2011 Geschäftsführer des mittlerweile insolventen Unternehmens Onlineversand Leipzig GmbH. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ist die Firma seit Ende 2013 nicht mehr zahlungsfähig. Jedoch ging erst am 22. Mai 2014 am Amtsgericht Leipzig ein Insolvenzantrag ein. Die Insolvenzordnung sieht vor, dass im Falle einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich ein Eröffnungsantrag gestellt werden muss. Unter bestimmten Umständen beträgt diese Frist drei Wochen. Kretschmann soll diese Frist versäumt und sich somit der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung schuldig gemacht haben.
Der als Zeuge geladene Rechtsanwalt Oliver S. (33) ist als Mitarbeiter des Insolvenzverfahrens mit dem Fall vertraut und traf eine womöglich abweichende Einschätzung zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit: „Diese trat spätestens im Februar 2014 ein.“ Er listete daraufhin Rechnungen von Lieferanten in Höhe von jeweils 1.000 bis 2.000 Euro auf, die nicht beglichen worden seien. Bis Ende Februar hätten sich die fälligen Forderungen auf knapp 120.000 Euro erhöht. Als Anfang Juni der Insolvenzverwalter seine Arbeit aufnahm, hätten sich die offenen Forderungen auf etwa 700.000 Euro belaufen. Auf einem Firmenkonto seien nur noch 11.000 Euro an Guthaben übrig gewesen.
Dass bestimmte Rechnungen nicht bezahlt wurden, erklärte Kretschmann damit, dass die zugrunde liegenden Bilanzierungen fehlerhaft gewesen und von ihm geforderte Korrekturen nicht erfolgt seien. Verspätete Warenlieferungen hätten schließlich zu einem irreparablen Imageschaden seiner Firma geführt. „Die daraus resultierenden Umsatzrückgänge waren nicht mehr zu stemmen“, so Kretschmann.
Am Ende verständigten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Angeklagter darauf, das Verfahren gegen Auflage einzustellen. Von Bedeutung waren dabei vor allem die neuen Erkenntnisse, wonach die Firma nicht Ende 2013, sondern erst im Februar 2014 zahlungsunfähig gewesen sein soll. Kretschmann gilt damit weiterhin als unschuldig, muss nun aber innerhalb von sechs Monaten 1.000 Euro an die Staatskasse zahlen. Macht er dies nicht, geht der Prozess weiter. Mögliche zivilrechtliche Ansprüche gegenüber Kretschmann bleiben von diesem Beschluss unberührt.
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