Aufgrund seiner vielen Vergehen droht dem NPD-Stadtrat Enrico Böhm (33) eine Gefängnisstrafe. Das Amtsgericht Leipzig verurteilte ihn Anfang Mai zu einer Gefängnisstrafe von acht Monaten wegen eines Angriffs auf eine Fahrradfahrerin. Dagegen legten sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Im Prozess am Dienstag am Landgericht erschien die Geschädigte nicht. Der Prozess wird fortgesetzt.
Im Mai 2015 verurteilte Amtsrichter Mathias Winderlich Enrico Böhm zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung. Sein Vergehen: Er hatte Christine E. (29), während sie mit dem Fahrrad an ihm vorbeifuhr, vor den Oberkörper getreten und anschließend beleidigt. Ihr wurde zum Verhängnis, dass sie zur falschen Zeit am falschen Ort war. Für sich genommen eine hohe Strafe, hätte der Angeklagte nicht bereits über ein Dutzend Verurteilungen im Bundeszentralregister stehen.
Am 25. April 2014 war Christine E. die Gemeindeamtsstraße entlanggefahren und kam an einem Auto vorbei, dessen Scheiben eingeschlagen waren. Es handelte sich dabei um ein Auto eines Bekannten von Böhm. Er bezog den Angriff damals auf sich, erklärte er im Gericht.
„Ich hatte mich hinreißen lassen, sie mit dem Fuß zu stoppen“, ließ sich der 33-Jährige zur Tat ein. „Mein Mandant räumt die Körperverletzung ein“, gab Rechtsanwalt Mario Thomas bekannt und begründete die Berufung mit der unangemessenen Strafhöhe der damaligen Verurteilung. Staatsanwalt Ulrich Jakob tendierte in die andere Richtung. „Die verhängte Strafe ist nicht Tat und Schuld angemessen.“
„Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich psychischen Druck aufgrund der Anschläge“, begründete Böhm seinen Ausraster damals in Lindenau. Sein Verteidiger zählte mehrere Angriffe auf, die sowohl gegen ihn als auch gegen seine Wohnung gerichtet waren. Böhm wohnt zusammen mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter.
Das Amtsgericht verurteilte ihn weiter wegen einer Beleidigung, die er vor dem Landgericht bestritt. Er soll der geschädigten Fahrradfahrerin damals nach dem Tritt „Zeckenschlampe“ hinterhergeschrien haben. Die Zeugin Kathrin L. (43) konnte sich nicht an einen konkreten Wortlaut erinnern, aber Beleidigungen seien gefallen.
Jakob griff zudem den Teilfreispruch wegen einer Nötigung an. Böhms Lebensgefährtin rief im Dezember 2014 bei der ARGE wegen einer Kürzung der Leistungen an. Böhm übernahm kurzzeitig das Gespräch und reagierte äußert emotional.
„Es war ein aufgebrachter Anrufer, daran erinnert man sich schon“, gab die Telefonservice-Mitarbeiterin Ramona O. (29) dem Gericht zu verstehen. Ihr Gesprächspartner verlangte einen Rückruf der Sachbearbeiterin und drohte. „Dann kommt er rein und die Mitarbeiterin, die namentlich genannt wurde, trägt ihren Kopf unter dem Arm“, schilderte die Zeugin die Äußerungen am Telefon. Der Angeklagte bestritt die Drohung.
Weil die geschädigte Fahrradfahrerin nicht zum Termin erschien, musste der Vorsitzende Richter Klaus Kühlborn einen Fortsetzungstermin auf Mitte November bestimmen, um der vorgeworfenen Beleidigung weiter auf den Grund zu gehen. Der 29-Jährigen droht aufgrund ihres Fernbleibens ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 Euro.
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