Enrico Böhm ist ganz unten angekommen. Mit Handschellen gefesselt führten Wachtmeister den Leipziger NPD-Vorsitzenden am Mittwoch wie einen Schwerverbrecher in den Saal 205 des Amtsgerichts. Trotz seiner Bekanntheit verbarg der Politiker sein Gesicht vor den Kameras der Pressefotografen. Der 32-Jährige ist zusammen mit zwei Fußballkumpels wegen einer Straßenbahnschlägerei angeklagt. Die Staatsanwaltschaft legt dem Trio gefährliche Körperverletzung zur Last.
Seit 2. August sitzt der vorbestrafte Kommunalpolitiker in der JVA Leipzig in Untersuchungshaft, weil er einen Radfahrer angegriffen haben soll. Die Justiz befürchtet Verdunkelungsgefahr. Am Mittwoch stand ein anderes Verfahren auf der Tagesordnung. Am 24. Februar 2013 stiegen Böhm, Christian O. (33) und Christoph K. (31) in Taucha nach einem Icefighters-Spiel in die Straßenbahn Richtung Leipzig. Die drei Hooligans sollen sich im Einstiegsbereich vor der Fahrerkabine aufgebaut und obszöne Gesänge angestimmt haben. Als sich Fahrgäste über die sexistischen und diskriminierenden Parolen echauffierten, ging O. laut Anklage auf einen Mitfahrer los. Seine beiden Freunde mischten sich in die Rangelei ein. Es kam zu Handgreiflichkeiten.
“Ich sah, wie einer wild um sich schlug”, erinnerte sich Rainer G. (72). Der Rentner blieb von den Schlägen verschont. Weniger Glück hatte Frank B. (45), der beherzt in die Auseinandersetzung eingriff. Einer der Männer, mutmaßlich Christoph K., nahm den Sozialarbeiter in den Schwitzkasten. Christian O. soll den Leipziger daraufhin mit Schlägen im Gesicht malträtiert haben. “Weil Zivilcourage zu der Zeit ein großes Thema war, wollte ich mich dazwischen stellen. Das wurde mir zum Verhängnis.” Der Reudnitzer erlitt eine Schädelprellung und ein Schleudertrauma. Schmerzen erlitt auch Jens B. (66). Der Eishockey-Fan war im Zuge der Auseinandersetzung gestoßen worden.
Die Angeklagten schwiegen zu den Vorwürfen. Ihre Verteidiger monierten, dass Videos aus dem Innern der Straßenbahn schwerlich mit dem Anklagesatz der Staatsanwaltschaft in Einklang zu bringen seien. Unstrittig blieb, dass die Auseinandersetzung stattgefunden hat. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.
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