Mit hohen Ambitionen ist die Erwerbsloseninitiative (ELO) am Dienstag in einen Prozess am Amtsgericht Leipzig gestartet. Das Mitglied Lars M. (48) wurde angeklagt, im Jobcenter in der Georg-Schumann-Straße gegen ein ausgesprochenes Hausverbot verstoßen zu haben. Es kam zu einer Auseinandersetzung mit Sicherheitsmitarbeitern, bei denen mehrere Personen verletzt wurden. Richter Tom Maciejewski verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen.
Was genau geschehen ist am zweiten Mai 2014 im Jobcenter, dass können wohl nur die Beteiligten wissen. Bei Amtsrichter Tom Maciejewski setzte sich eine Sichtweise durch, die zu einem negativen Ausgang für Lars M. führen sollte.
Der 48-Jährige war im Mai zusammen mit der Vorstandsvorsitzenden der ELO, Kathrin Rösler (52), in das Jobcenter gegangen, um Unterlagen abzugeben und deren Empfang bestätigten zu lassen, laut einer Mitteilung der ELO.
„Es ist schon immer ein Problem, dass beim Jobcenter Unterlagen „verloren“ gehen“, kritisierte Sprecher Tim Arndt im Vorfeld und bezeichnete die beschränkten Abgabemöglichkeiten als Schikane.
„Als wir an den Schalter gegangen sind, kam das Geschlossenschild“, schilderte Rösler. Die Jobcenter-Mitarbeiterin hinter dem Schalter informierte den Sicherheitsdienst. Mit dem Erscheinen der Wachmänner wurde es dann immer lauter. Die spätere Eskalation ging ihrer Wahrnehmung nach von den herbeigerufenen Ordnungskräften aus.
Nach Angaben der Sicherheitsmänner hingegen stellte sich der Ablauf anders dar: Sie schilderten den 48-Jährigen als laut, aggressiv und ungehalten. „Er war aufgebracht“, erinnerte sich René L. (43) an den Angeklagten.
Schnell kamen sie zur der Überzeugung, ein Hausverbot auszusprechen, welches der Angeklagte aber nicht befolgte. Nach Angaben von Rösler drängte der Sicherheitsmann L. sich zwischen sie und M., was sie als bedrängend empfand.
„Hören sie nicht, was die Frau sagt“, soll M. damals gesagt haben. „Es ging dann ganz fix“, führte sie aus. „Dann lag er am Boden.“
Laut René L. erfolgte ein Schlag in sein Gesicht vom Angeklagten, der ihn nur streifte. „Mit geballter Faust und ausgestreckten Arm“, schilderte sein Kollege Matthias S. (33) den Angriff. Ein weiterer Kollege widersprach der Darstellung. Er hatte einen oder mehrere Schläge gegen die Brust gesehen.
„Ich habe ihn gepackt“, äußerte der 33-Jährige Kollege die Reaktion auf den Schlag. Das gelang allerdings nicht. Erst beim zweiten Versuch seien beide zu Boden gegangen. M. wurden im Laufe der Rangelei mit vier Sicherheitskräften Handschellen angelegt und der Polizei übergeben.
Der Angeklagte sei bei der Rangelei unglücklich auf S. Bein gefallen, der eine schwere Verletzung davontrug. Es folgte noch am gleichen Tag eine Notoperation. Vier Monate war er krankgeschrieben und musste das Laufen wieder erlernen. Probleme mit dem Fuß hat er bis heute.
Verteidigerin Luisa Milazzo stieß während ihrer Verteidigung auf diverse Widerstände bei Richter Maciejewski. Weil ursprünglich einem Strafbefehl widersprochen wurde, gelten nach der Strafprozessordnung andere Grundsätze, als in einem regulären Anklageverfahren, begründete er mehrfache Ablehnungen von Zeugen.
„Es ist entscheidungsreif“, wies er nach Anhörung der Sicherheitsmänner und der Vorstandsvorsitzenden Rösler hin. „Es gab eine übereinstimmende Aussage und am Rand jede Menge Unstimmigkeiten“, stellte er seine vorläufige Rechtsauffassung dar.
Milazzo versuchte noch weitere Ansätze. Sämtliche Beweisanträge wurden allerdings abgelehnt. Maciejewski wollte offensichtlich nur noch ein Geständnis zulassen, was zu einer Strafmilderung hätte beitragen können. Es kam allerdings nicht. „Ich bin kein Täter, sondern Opfer“, waren die letzten Worte des Angeklagten.
Zu 80 Tagessätzen verurteilte der Vorsitzende den 48-Jährigen. 30 Tagessätze über den ursprünglich ausgestellten Strafbefehl, gegen den M. Widerspruch eingelegt hatte und der zur Hauptverhandlung führte. Er sah die Tatbestände der Körperverletzung, des Hausfriedensbruchs und einer Beleidigung verwirklicht.
Der Vorsitzende zeigte Verständnis über die Empörung des Angeklagten gegenüber der Jobcenter-Angestellten. „Ich glaube, ihr Verhalten war nicht gerechtfertigt“, begründete er seine Entscheidung über die Wertung des Fortgangs der damaligen Situation, die aus dem Ruder gelaufen sei.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eine weitere Möglichkeit, andere Zeugen zu Wort kommen zu lassen, wird die Verteidigung erst bei einer Berufung bekommen. „Das ist noch unentschieden“, sagte Milazzo zum weiteren Fortgang des Verfahrens.
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