Kindesmissbrauch ist ein heikles Thema. Die Emotionen kochen hoch. Manche schalten ihren Kopf nicht ein, bevor sie etwas tun. Wenn allerdings ein gefälschter Polizeiaufruf in einem sozialen Netzwerk wie Facebook verbreitet wird, kann es für die derart attackierte Person schnell heikel werden. Der Wurzener Free Fighter Benjamin B. wurde nun durch das Amtsgericht Leipzig wegen übler Nachrede verurteilt. Er rief dazu auf, eine offensichtlich gefälschte Polizeimeldung zu verbreiten, die einen Journalisten von L-IZ.de beschuldigte, sich der sexuellen Belästigung von Kindern schuldig gemacht zu haben.

Der einschlägig bekannte rechte Faustkämpfer Benjamin B. hatte auf dem sozialen Netzwerk Facebook einen Steckbrief weiterverbreitet. In diesem wurde behauptet, dass das „Polizeipräsidium Leipzig“ um Mithilfe bei der Suche nach Martin Schöler im Fall von sexueller Belästigung von Kindern bittet. Daneben war ein Portrait von dem angeblich gesuchten abgebildet, weitere Facebooknutzer fielen auf die Fälschung herein.

Denn Herr Schöler ist zwar polizeibekannt, aber anders als die Meldung es behauptet. Er steht in regelmäßigem Kontakt mit den Behörden, weil er als Journalist für L-IZ.de tätig ist. Dabei berichtete er bereits mehrmals über das Themengebiet Neonazismus, wobei ebenfalls die Verstrickungen von Benjamin B. in sächsische Neonazikreise und die gewaltbereiten Anhänger des Fußballvereins 1. FC Lokomotive Leipzig thematisiert wurden.

Das besagte Präsidium existiert nicht. In Leipzig gibt es die Polizeidirektion und auch diese hatte nichts dergleichen vermeldet. Ein klarer Fall von Amtsanmaßung durch einen bis heute unbekannten Urheber, der vermutlich aus der rechtsorientierten Fußballszene stammt. B. war die Verleumdung offensichtlich egal. Er empfahl auf Facebook „Kräftig teilen“ als er den Aufruf publizierte. Schöler erstattete Anzeige gegen Unbekannt und reichte eine Unterlassungsklage gegen den Wurzener wegen übler Nachrede ein. „Die Ermittlungen der Staatsanwaltshaft hierzu dauern an“, teilte Ricardo Schulz von der Staatsanwaltschaft Leipzig auf Anfrage mit.

Benjamin B. hofft als einer der Ersten auf fleißiges Teilen einer Verleumdung bei Facebook. Über das Netzwerk verbreitet sich der fingierte Fahndungsaufruf bis hin zu besorgten Müttern und niemand prüft den Wahrheitsgehalt. Screen L-IZ.de vom öffentlich einsehbaren FB-Account von Benjamin B.
Benjamin B. hofft als einer der Ersten auf fleißiges Teilen einer Verleumdung bei Facebook. Über das Netzwerk verbreitet sich der fingierte Fahndungsaufruf bis hin zu besorgten Müttern und niemand prüft den Wahrheitsgehalt. Screen L-IZ.de vom öffentlich einsehbaren FB-Account von Benjamin B.

Der Anwalt von Benjamin B. hatte im Verfahren argumentiert, dass weder der Name in der beanstandeten Veröffentlichung echt sei noch das Foto den Geschädigten zeigen würde. Durch Vorlage eines Personalausweises konnte sich allerdings das Gericht schnell von der Existenz des Betroffenen überzeugen. Dass die Verleumdungskampagne auf ihn abzielte, war schnell ersichtlich.

Das Amtsgericht sah damit einen Fall der üblen Nachrede als erwiesen an. In der vorliegenden Urteilsbegründung heißt es: „Der Text stellt eine Herabwürdigung des Klägers dar: unberechtigte Tatvorwürfe sind rechtswidrig.“ Dass Herr B. die Vorwürfe über seine eigene Facebook-Seite, die seinen Namen trägt, verbreitet hat, zog das Gericht nicht in Zweifel. „Die Täterschaft des Beklagten ist unstrittig […], da der Beklagte nicht ausreichend bestritten hat“, argumentierte die Urteilsbegründung, „dass er den Text veröffentlicht hat.“

Sollte B. weiterhin, wider besseren Wissens, an den Vorwürfen festhalten und sie weiterverbreiten, drohen ihm, so der Hinweis des Amtsgerichts, bis zu 250.000 Euro Strafe. Ersatzweise können auch sechs Monate Ordnungshaft verhängt werden. Die Kosten des Verfahrens darf B. ebenfalls tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Es ist leider nur ein besonders krasser Fall von übler Nachrede im Zusammenhang mit Neonazis. Auch verschiedene Politiker werden wegen ihres Engagement gegen Rassismus regelmäßig Ziel falscher Anschuldigungen. Das Urteil des Amtsgerichts zeigt, dass solche falschen Tatsachenbehauptungen teuer werden können. Die L-IZ hat weitere rund 50 Strafanzeigen wegen dieses Vorgangs gegen Nutzer des Netzwerkes Facebook gestellt.

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