Sebastian E. (36) wird beschuldigt, im August 2014 seinen Freund Ronny G. (42) nach einem Trinkgelage so schwer verletzt zu haben, dass dieser verstarb. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung forderten wegen der Beweislage eine Haftstrafe und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Der geständige Angeklagte darf sich auf vier bis sechs Jahre Gefängnis sowie einen Alkoholentzug einrichten.
„Es nimmt mich alles sehr mit“, begann Sebastian E. seine letzten Worte, bevor sich das Gericht zur Urteilsfindung zurückzog. Der 36-Jährige kann sich nicht mehr daran erinnern, dass er seinen Freund Ronny G. im August 2014 in Geithain so heftig verprügelt hatte, dass dieser an den Folgen einer Gehirnblutung verstarb. Jetzt will er nur noch alles überstehen. Sein sehnlichster Wunsch lautet, sein durch Alkohol geprägtes Leben hinter sich zu lassen. „Ich will, dass meine Familie stolz auf mich ist.“
Staatsanwalt Klaus-Dieter-Müller hatte den Erwerbslosen ursprünglich wegen Totschlags angeklagt. „Er hat den Tod von Ronny G. zumindest billigend in Kauf genommen“, führte der Ankläger in seinem Plädoyer aus.
Die 1. Strafkammer hatte zu Beginn der Hauptverhandlung allerdings einen rechtlichen Hinweis erteilt, dass auch eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht kommen könnte. Dieser Rechtsauffassung folgte am Montag der Staatsanwalt. „Der Vorwurf des Totschlags kann nicht mehr aufrecht erhalten werden.“
Gegen eine konkrete Tötungsabschicht würden einige Dinge sprechen. Zum einen sei die Tat aus einer gewissen Spontaneität geschehen. Zum anderen hätten der erhebliche Alkoholeinfluss sowie die verringerte Frusttoleranz dazu geführt, dass „das Verhängnis seinen Lauf nahm.“ Strafverteidiger Stephan Bonell war derselben Meinung. „Er hat den Tod seines Freundes verschuldet“, befand der Leipziger Rechtsanwalt. „Damit muss er leben.“
Bonell hob die Anerkennung der Schuld durch seinen Mandanten als besonders zu begünstigenden Faktor für das Strafmaß hervor. „Hier hat der Angeklagte es eingeräumt.“ Sebastian E. hatte vor Gericht eine Auseinandersetzung mit seinem Freund aus seiner bruchstückhaften Erinnerung heraus gestanden. Diese sei seiner erheblichen Alkoholisierung von 2,0 bis 2,8 Promille geschuldet gewesen. Am darauf folgenden Morgen stellte sich der Angeklagte selbst der Polizei.
„Es hat sich gezeigt, dass Zeugen das unzuverlässigste Beweismittel sind“, bewertete Staatsanwalt Müller die Aussagen des Freundes- und Bekanntenkreises des Angeschuldigten. Alle waren an dem Tag betrunken – teils seit dem Morgen. „Wir wissen nicht, wie die Tat ablief“, gab Bonell zu bedenken.
Die Staatsanwaltschaft forderte in Berücksichtigung aller Punkte eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Die Verteidigung beantragte vier Jahre und zwei Monate, außerdem die Anordnung des Maßregelvollzugs. Die Zeit in der forensischen Psychiatrie würde Sebastian E. auf die Haftstrafe angerechnet werden. Am Freitag soll das Urteil verkündet werden.
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