Weil ihn Konzertbesucher für einen Neonazi aus Torgau hielten, verwiesen Security-Mitarbeiter Fabian V. (32) am 20. April 2013 von einem Hardcore-Festival, das auf dem Agra-Gelände stattfand. Auf dem Parkplatz wurden der Leipziger und seine Lebensgefährtin brutal verprügelt. Am Mittwoch verurteilte das Amtsgericht drei Angreifer zu Haftstrafen.
Ein Szeneversand sponsorte das Konzert, bei dem Bands mit Namen wie August Burns Red, Callejon und Heaven Shall Burn harte Töne zum Besten gaben. Ist die Metal- und Hardcore-Szene traditionell eher linksalternativ eingestellt, erfreuen sich die aggressiven, lauten Musikrichtungen samt zugehörigem Lifestyle seit einigen Jahren auch in rechtsextremen Kreisen größerer Beliebtheit.
Deshalb tauchen bei einschlägigen Events immer wieder Neonazis auf. Sehr zum Missfallen von Musik-Fans, die um den guten Ruf ihrer Szene fürchten. Bei dem Konzert auf dem Agra-Gelände bemerkten fünf bis sechs junge Männer Fabian V. Sie taten, was man in solchen Situationen tun sollte. Die Security handelte umgehend. Wachmann Erkan Z. (33) verwies den jungen Mann und seine Begleiterin (32) nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter von der Veranstaltung.
Zwar beteuerte Fabian V. vor Ort und bei Gericht, kein Neonazi zu sein. Allerdings musizierte der Gitarrist zweieinhalb Jahre lang mit der Neonazi-Combo “Burning Hate”. “Man war mal jung, dumm und naiv”, kommentierte er das Engagement am Mittwoch bei Gericht.
Als V. und seine Freundin den Parkplatz erreicht hatten, kamen einige Fans auf eine ganz dumme Idee. “Plötzlich sind ein paar schwarz gekleidete Vermummte um die Ecke gebogen und auf das Pärchen losgegangen”, erinnerte sich Konzertbesucher Gregor L. (29). Fabian V. stürzte umgehend zu Boden. Mehrere Angreifer traten auf den wehrlosen Mann ein – unter anderem gegen seinen Kopf.
Unbeteiligte Augenzeugen, die den Opfern zu Hilfe eilten, gerieten ihrerseits in das Visier der Angreifer. “Weil wir dazwischen gegangen sind, waren wir alle Nazis”, erinnerte sich Benjamin K. (24). Sportliche Fairness war den Angreifern fremd. “Wenn sechs Jungs auf ein kleines Mädchen losgehen, weiß man, da ist etwas nicht ganz gerecht”, schilderte Katharina M. (29) die Situation. Die Jungunternehmerin hatte Glück. Anders als ihr Verlobter, Benjamin K., blieb sie während der Rangelei unverletzt.
Insgesamt kamen vier Konzertgäste zu Schaden. Fabian V. erlitt Prellungen und eine Platzwunde im Gesicht. Seiner Freundin Yvonne M. wurde ein Teil des linken Ohres eingerissen. Benjamin K. hatte ebenfalls blaue Flecke zu beklagen.
Drei Angreifer konnten ermittelt werden. Marko N. (26), Martin H. (25) und Ralph F. (24) räumten den brutal ausgeführten Übergriff am Mittwoch ein. Zuvor verständigten sich die Verfahrensbeteiligten auf einen Deal. Geständnis gegen Strafmilderung. Ihre Verteidiger gaben knappe Erklärungen ab. Keine Anzeichen von Einsicht, keine erkennbare Reue.
Amtsrichterin Renate Guha scherte vor diesem Hintergrund alle Angeklagten über denselben Kamm. Sie verurteilte die Männer jeweils zu 16 Monaten Haft auf Bewährung. Marko N. und Martin H. müssen jeweils 500 Euro an gemeinnützige Vereine zahlen. Ralph F. soll aufgrund seines niedrigen Einkommens 80 Sozialstunden ableisten. “Sie haben ein wahnsinniges Glück gehabt”, betonte die Vorsitzende. Tritte gegen den Kopf können schnell lebensbedrohliche Verletzungen verursachen. In dem Fall hätte die Anklage mindestens auf versuchten Totschlag lauten müssen.
Das Urteil ist nicht rechtkräftig.
Keine Kommentare bisher
Drei Angreifer konnten ermittelt werden. Marko N. (26), Martin H. (25) und Ralph F. (24) räumten den brutal ausgeführten Übergriff am Mittwoch ein.
Und aus welcher Ecke kamen diese Schläger? Diesbezüglich wurde doch vor Gericht sicher auch nachgefragt bzw. etwas gesagt? Zur Abrundung dieser Berichterstattung wäre diese Information empfehlenswert.