Bislang wurden die Rivalitäten im Leipziger Fußball auf der Straße nur unter Fans mit Gewalt ausgetragen. Am 26. Oktober 2013 mischte vermutlich zum ersten Mal ein Spieler mit. Richard K. (25) läuft an Wochenenden für Lok Leipzig in der 3. Kreisklasse auf. An jenem Samstag zog der Hobby-Kicker zusammen mit zwei Kumpels am Leipziger Hauptbahnhof zwei Anhängern von Stadtrivale RB Leipzig deren Fanschals ab. Am Dienstag musste sich der Fußballer vor dem Amtsgericht verantworten.
Staatsanwalt Christoph Brückner warf Richard K. Raub sowie gefährliche Körperverletzung vor. Die drei Lok-Fans sollen gegen 17.50 Uhr an der Zentralhaltestelle vor dem Hauptbahnhof auf fünf RB-Anhänger gestoßen sein. Diese befanden sich auf dem Heimweg vom Auswärtsspiel der Rasenballer in Chemnitz. Am selben Tag empfing die “Loksche” im Bruno-Plache-Stadion den VFC Plauen.
Bemerkenswert: Die Lok-Fans suchten sich keine ebenbürtigen Gegner. Die RB-Fans waren zur Tatzeit alle minderjährig und bis zu neun Jahre jünger als die Angreifer. Das zeugt nicht von Heldenmut.
Lok-Spieler Richard K. räumte bei Gericht immerhin ein, den Schal in einem Gerangel an sich genommen zu haben. “Es war ein kleines Handgemenge”, erinnerte er sich. “Der Schal hat mir nichts bedeutet.” Polizisten hatten die Tat beobachtet und konnten mit K. zumindest einen der drei Täter auf frischer Tat stellen. Seine Begleiter wollte der Fußballer auch am Dienstag nicht verpfeifen.
“Ich habe daraus gelernt, dass man nicht mit Schals rumrennen sollte”, schilderte sein Opfer Sascha H. (17) die Folgen der Tat. “Mir wurde der Schal von hinten weggerissen”, berichtete H.’s Kumpel Karl N. (17). Die Angreifer sollen während der Tat ihre Opfer geschlagen und getreten haben. Aufgrund der Beweislage musste sich Richard K. allerdings nur wegen des geraubten Fanschals von Sascha H. verantworten.
Die Aussagen der Augenzeugen widersprachen sich in Details. Staatsanwalt Brückner war dennoch von der Täterschaft Richard K.’s überzeugt. “Alle Zeugen haben im Kern das bestätigt, was Anklagegegenstand ist.” Er beantragte, den Fußballer zu einem Jahr auf Bewährung zu verurteilten.
“Keiner der hier einvernommenen Zeugen konnte sagen, wie der Schal in den Besitz meines Mandanten gekommen ist”, monierte Verteidigerin Doreen Blasig-Vonderlin. Sie hielt allenfalls eine Verurteilung wegen Nötigung für angebracht.
“Man war sich darüber einig, dass man die Schals in seinen Besitz bringt – notfalls mit Gewalt”, befand dagegen Amtsrichterin Gabriele Schulz. Das Schöffengericht verurteilte den Lok-Fußballer zu einem Jahr auf Bewährung. Außerdem muss er 1.000 Euro an das Kinderhospiz Bärenherz überweisen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Lok Leipzig äußerte sich auf Nachfrage bisher nicht zu dem Fall.
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