Der Prozess um den Angriff gegen zwei Brüder im März 2008 in Zschadraß und Colditz ist im ersten Anlauf geplatzt. Weil die zuständige Strafkammer den selbst gestrickten Terminplan aufgrund einer Umbesetzung nicht einhalten kann, muss das Verfahren Anfang 2015 neu aufgerollt werden.

Sieben Neonazis (Alter: 28 – 35) schlugen am 24. März 2008 Peter (47) und Markus K. (38) in Zschadraß krankenhausreif, weil diese angeblich mit Drogen handeln würden. Bei einem ersten Zusammentreffen um 1:20 Uhr in der Ortschaft Zschadraß wurde der Angeklagte Ricardo H. (31) mit einem Cutter-Messer am Rücken verletzt. Die Brüder flüchteten ins benachbarte Colditz, wo sie kurze Zeit später erneut von einer Gruppe angegriffen wurden, deren Mitglieder bis heute nicht vollständig identifiziert werden konnten. Ein rechtsextremer Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden. Peter K. erlitt bei der Attacke lebensgefährliche Kopfverletzungen.

Das Gericht bot Ricardo H. mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft an, das Verfahren gegen ihn gegen Zahlung von 3.000 Euro wegen gefährlicher Körperverletzung einzustellen. Der 31-Jährige lehnte das lukrative Angebot überraschend ab. Ein Spiel mit dem Feuer. Die Kammer plante ursprünglich 14 Verhandlungstage. Bei einer Verurteilung winken dem früheren Freefighter weit höhere Kosten. Zudem ging die Offerte der Kammer auf eine Initiative der Verteidiger zurück.

Staatsanwalt Ulrich Jakob sah nur für Ricardo H. die Möglichkeit, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen, weil er beim ersten Übergriff selbst verletzt wurde und beim zweiten Angriff nachweislich nicht anwesend war. “Wir haben hier die Gelegenheit einen Strafprozess nicht ausufern zu lassen und eine Zivilsache gleich mit zu erledigen”, mahnte der Vorsitzende Jens Kaden. Seiner Meinung nach sehe die aktuelle Beweislage nicht “rosig” aus.

Auf der Anklagebank kam das Angebot des Gerichts nicht besonders gut an. Verteidiger Curt-Matthias Engel intervenierte. Es besteht die Befürchtung, dass die Staatsanwaltschaft einen ausgeklügelten Plan entsponnen hatte, in dem Ricardo H. gegen seinen Mandanten Steven S. (30) als Zeuge ausgespielt werden solle.

“Ich wehre mich gegen die Darstellung, ich würde mich für 3.000 Euro freikaufen wollen, wenn ich selbst lebensgefährlich verletzt worden bin”, sagte Ricardo H. gegenüber L-IZ.de. Ob diese Entscheidung durch ein Pflichtgefühl gegenüber den Mitangeklagten oder aus prozesstaktischen Gründen entstanden ist, blieb offen.

Das Verfahren muss im kommenden Jahr von vorne beginnen. Grund ist eine Umbesetzung in der 6. Strafkammer. Eine Beisitzerin wurde an ein anderes Gericht versetzt.

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