Was seit Dienstag offensichtlich war, ist seit gestern Abend bestätigt. Hinter der nachgestellten IS-Enthauptung auf dem Leipziger Markt steckten Neonazis. Auf der Homepage der rechtsextremen Kampagne "Sag was du denkst" tauchte am Donnerstag-Abend ein Bekennervideo auf. Der Betreiber der Webseite muss nicht lange gesucht werden. Hinter der Kampagne stecken die "Jungen Nationaldemokraten". Landeschef Paul Rzehaczek zeichnet für die veröffentlichten Inhalte verantwortlich.

Gerade einmal 48 Sekunden ist das auf Youtube hochgeladene Video lang, zeigt die nachgestellte Enthauptung eines JN – Aktivisten durch einen anderen. Offenbar von den schrecklichen Bekennervideos der echten IS-Enthauptungen inspiriert, läuft ein arabisches Lied dazu. Die verteilten Flyer wurden verpixelt. Die Neonazis deklarieren die Aktion, bei der Aktivisten eine Hinrichtung im Stile der islamistischen Terrorgruppe “Islamischer Staat” (IS) nachstellten, als politisches Straßentheater. Offenbar in dem Glauben, es würde so eine Kunstaktion daraus. “Schon bald könnte aus diesem Schauspiel bittere Realität werden”, heißt es seitens der Rechtsextremen. Schließlich sei Leipzig eine “Hochburg radikaler Salafisten”.

Nun lässt sich darüber streiten, was einen Ort zu einer Hochburg für was auch immer werden lässt. Tatsache ist, dass sich für die salafistische Szene in Deutschland andere Schwerpunktregionen herauskristallisiert haben. Zwar gebe es im Freistaat laut Landesamt für Verfassungsschutz etwa 100 radikale Muslime, von denen sich einige im Umfeld der Al-Rahman-Moschee aufhalten sollen. Nicht grundlos wird Imam Hassan Dabbagh von dem Inlandsgeheimdienst beobachtet. Bislang allerdings ohne juristisch verwertbare Ergebnisse.

Doch selbst wenn man irrigerweise annehmen würde, alle radikalen Salafisten aus Sachsen wären in der Messestadt wohnhaft, wären diese wohl kaum in der Lage, eine islamistische Revolution in die Wege zu leiten. Sofern sie dies überhaupt wollen würden. Dass die Jungnazis ihre irrwitzigen Wahnvorstellungen von drohenden kulturellen wie gesellschaftlichen Umwälzungen auf eine Mordszene zuspitzen und in der Öffentlichkeit selbst inszenieren müssen, entlarvt die rechte Panikmache unfreiwillig als hysterische Propaganda.

Dass sich die Neonazis dabei ihre Unkenntnis der arabischen Sprache zur Schau stellen, indem sie ihr Transparent den europäischen Gepflogenheiten entsprechend von links nach rechts beschrieben, entlarvt sie obendrein als inkompetente Ansprechpartner zu Fragen der islamischen Kultur. Wie soll jemand, der nicht einmal einen einfachen arabischen Satz korrekt zu Papier bringen kann, einen der theologischen Texte im Original lesen können, auf die sich die Salafisten in ihrer erzkonservativen Glaubenslehre berufen?

Das Bekennervideo der Neonazis beweist, dass mindestens sieben JN-Aktivisten an der Aktion beteiligt waren. Trotz Verpixelung und Maskierung sind zwei Kameraden ganz gut zu erkennen. Die Spur führt neben Leipzig auch ins Umland.

Auch zum verbreiteten Standbild einer bei der Aktion genutzten Kamera gab es im Laufe des Tages weitere Informationen. Ein Leser der L-IZ hatte sich mit den gezeigten Symbolen befasst und schrieb dazu, dass es sich nicht um ein Handyvideo handeln könne: “Das im Artikel eingebundene Bild ist jedoch ganz klar am Videoplayer-Interface als Standbild eines mit einer Canon-Kamera (und nicht etwa mit einem Handy!) aufgenommenen Videos zu erkennen. Eine entsprechende Abbildung finden Sie z.B. im Benutzerhandbuch der Canon EOS 60D auf Seite 204.”

Zur Produktbeschreibung der Kamera im Netz (S. 204)

Zum Video auf Youtube (nur für angemeldete Nutzer / P 18 Alterseinstellung)
http://www.youtube.com/watch?v=RERhL143Xw4

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