Am heutigen Mittwoch begann der zweite Prozess um die brutale Schlägerei am 27. März in Leipzig-Grünau, bei der ein 45-Jähriger lebensbedrohliche Verletzungen erlitt. Krzysztof U. (37) legte vor dem Landgericht ein Geständnis ab. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Leipziger versuchten Totschlag vor.
Was geschah am 27. März gegen 22 Uhr in einem Hinterhof in der Zingster Straße? Fest steht, dass der Angeklagte mit den drei Angreifern Sami B. (23), Mariusz S. (24) und Jaroslaw K. (45) im Clinch lag. Nach der Keilerei, an der mit Robert H. ein fünfter Schläger beteiligt gewesen sein soll, lag Jaroslaw K. wehrlos am Boden. Krzysztof U. soll seinem polnischen Landsmann drei Mal mit einer Baseball-Keule auf den Kopf geschlagen haben. Der Angreifer, der zum Opfer wurde, erlitt schwerste Gesichts- und Schädelfrakturen, schwebte in Lebensgefahr und soll zwischenzeitlich abgetaucht sein. Weil Krzysztof U. ebenfalls verletzt wurde, müssen sich beide Parteien vor Gericht verantworten.
Während Sami B. und Mariusz U. in ihrem Prozess vor dem Amtsgericht nur das gestanden, was ihnen ohnehin nachzuweisen ist, zeigte sich Krzysztof U. im Gerichtssaal äußerst redselig. Weil der nach eigenen Angaben massiv vorbestrafte Maler in seiner Heimat keine Arbeit fand, wanderte er im März 2011, nach einem gescheiterten Suizid-Versuch, in die Bundesrepublik aus. In Leipzig tat sich der bullige Handwerker schwer, lernte zunächst kein Deutsch und bekam obendrein seine Alkoholsucht nicht in den Griff. Eine Geliebte verhalf ihm zu Wohnung und Arbeit, doch Bier und Wodka machten das Glück zunichte.
In der Plattenbausiedlung Grünau lernte Krzysztof U. eine Clique aus jüngeren Landsleuten kennen. Er freundete sich mit den Männern und Frauen an, wenngleich diese teils erheblich jünger waren als er selbst. “Ich habe beschlossen, dass ich für immer in Deutschland bleibe”, gibt U. zu Protokoll.
Doch seine neuen Bekanntschaften wurden dem Außenseiter bald unheimlich. Krzysztof U. berichtet, wie Sami B. und dessen Kumpels an einem Abend Diebesgut beiseite geschafft haben sollen. Ein andermal habe die Gang Buntmetall-Kabel von einer Baustelle gestohlen. Er erzählt dem Schwurgericht von Deals mit Drogen und Amphetaminen. Den Stoff hätten die Männer aus Polen importiert. Und von Auto-Crashs, die die Gruppe im Auftrag krimineller Albaner inszeniert habe, die mit den Schrottfahrzeugen Versicherungsbetrügereien begehen.
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Weil Krzysztof U. nie wieder hinter Gitter wollte, sei er zu der Clique auf Distanz gegangen. Die Landsleute hätten ihn daraufhin verdächtigt, mit der Polizei gesprochen zu haben. Wiederholt habe er Morddrohungen erhalten. “Ich bekam Angst… ich hatte Angst… Angst.” Immer wieder kam der Angeklagte darauf zu sprechen, wie eingeschüchtert er gewesen sei. Das klingt zumindest suspekt. Immerhin soll er mit seinen 15 Jahren Knast-Erfahrung geprahlt haben. “Er hat immer den Gangster raushängen lassen”, erzählte Sami B.’s Verlobte, Julia E. (20), dem Gericht.
Ist Krzysztof U. ein glaubwürdiger Angeklagter? Das Landgericht wird klären müssen, wie viel Wahrheit in den schweren Anschuldigungen steckt. Sami B. nimmt an dem Prozess als Nebenkläger teil. Für Verteidiger Christian Avenarius wird dessen Aussage nächsten Mittwoch zu einer kniffligen Aufgabe. Einerseits hat sein Mandant das Interesse, Krzyssztof U. im besten Fall als Lügenbaron zu entlarven. Dazu müsste Sami B. seine Beziehungen zu dem Handwerker stärker als bisher thematisieren.
Andererseits sollte er sich als Zeuge nicht mehr belasten, als er das bereits als Angeklagter getan hat. Das Verfahren läuft nämlich noch. Mittäter Mariusz S. machte sich das Leben deshalb einfach. Er verweigerte heute die Aussage. In dem Prozess gegen Krzysztof U. wird das Urteil Ende November erwartet.
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