Der Strafprozess um die "Herrenlosen Grundstücke" beginnt mit Verzögerungen. Nach Abgleichen der Personalien zogen sich die Robenträger zu einem längeren Rechtsgespräch zurück. Ergebnis: Der Anklagesatz gegen drei frühere Mitarbeiter der Stadtverwaltung und eine Juristin wird erst nächsten Donnerstag verlesen werden.
Der Skandal beschäftigt die Stadt seit drei Jahren: In der Wendezeit hatten Mitarbeiter des Rechtsamts Rechtsanwälte als sogenannte gesetzliche Vertreter für Grundstücke bestellt, deren Eigentumsverhältnisse ungeklärt waren. Diese veräußerten die Objekte zu günstigen Preisen an Investoren. Die städtischen Mitarbeiter sollen zuvor nicht im gebotenen Umfang nach den tatsächlichen Eigentümern recherchiert haben.
Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Angeklagten Untreue vor. In bis zu fünf Fällen sollen die Mitarbeiter des Rechtsamts für Herrenlose Grundstücke gesetzliche Vertreter bestellt haben, welche die Objekte mit Wissen der Beschuldigten veräußerten. Die Kaufverträge wurden durch das Rechtsamt genehmigt.
Die drei Angestellten, die zu Beginn der Ermittlungen im Herbst 2011 noch in der Behörde tätig gewesen sind, sollen in 43 Fällen Zinsen für verwahrte Kaufpreiserlöse an die Berechtigten nicht ausgezahlt haben.
Ein Mitarbeiter soll als verantwortlicher Sachbearbeiter in mindestens 173 Fällen bei Bestellung eines gesetzlichen Vertreters entgegen der ihm bekannten Verpflichtung die gegenüber dem Antragsteller zu erhebende Verwaltungsgebühr nicht erhoben haben. Hierdurch entstand der Stadt Leipzig ein finanzieller Schaden.
Der Rechtsanwältin wird vorgeworfen, in einem Fall als gesetzliche Vertreterin ein Grundstück verkauft zu haben, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren. Der Gesamtschaden beläuft sich laut Anklage auf eine mittlere sechsstellige Summe.
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Die Staatsanwaltschaft hatte im Juli 2012 gegen vier frühere Mitarbeiter des Leipziger Rechtsamts sowie zwei Rechtsanwälte Anklage erhoben. Diese wies das Landgericht in weiten Teilen zurück. Das Oberlandesgericht entschied dagegen, das Hauptverfahren sei zu eröffnen. Allerdings sitzt ein Jurist nicht mehr auf der Anklagebank. Eine frühere Rechtsamtschefin ist mittlerweile verstorben.
Die vier Angeklagten äußerten sich nur zu ihren Personalien. Der Vorsitzende Rüdiger Harr sah sich sodann gezwungen, die Robenträger zu einem Rechtsgespräch ins Nebenzimmer zu bitten. Die Diskussion kreiste um einen Antrag, den Gesine Reisert, Verteidigerin der früheren Amtschefin Gesa D. (48), tags zuvor gestellt hatte. Die Berlinerin monierte, die Staatsanwaltschaft habe ihr die überarbeitete Anklageschrift erst zu Wochenbeginn versandt.
“Es geht bei der neuen Anklageschrift nur darum, deklaratorisch klarzustellen, was Verfahrensgegegnstand ist”, so Harr. Aufgrund des großen Aktenumfangs verständigten sich die Beteiligten darauf, die Verlesung des Anklagesatzes auf nächsten Donnerstag zu verschieben.
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