Zweiter Anlauf im Prozess um die Ermordung von Tagesmutti Monika C. Der erste Versuch war am 28. April geplatzt, weil eine Schöffin aus gesundheitlichen Gründen längerfristig nicht zur Verfügung stehen kann. Deshalb hatte Staatsanwältin Tanja Lötschert am Montag zum zweiten Mal die Anklage zu verlesen.
Tobias K. (24) soll die fürsorgliche Dame am 9. Oktober 2013 umgebracht haben. Die Leipzigerin hatte ihn verdächtigt, rund fünf Monate zuvor 10.000 Euro aus ihrer Wohnung in der Südvorstadt entwendet zu haben. Damals war K. mit Monika C.’s Tochter Tanja liiert. 34 Mal soll er mit einem Küchenmesser und einer Schere auf die wehrlose Frau eingestochen haben, die qualvoll verblutete.
Zwei Tage nach der Bluttat klickten die Handschellen. Der Angeklagte schweigt seitdem, bestätigt auch heute nur knappe Angaben zu seiner Person, die der Vorsitzende Hans Jagenlauf vom Blatt abliest. Deutscher Staatsbürger, ledig, nicht erwerbstätig, zuletzt wohnhaft in Wurzen, jetzt JVA Leipzig.
Später erfahren die Zuhörer von seiner früheren Lebensgefährtin Tanja L. (42), dass der junge Mann im Kern ein ruhiger Zeitgenosse ist, aber aggressiv werden kann. Vor allem nach ominösen Ausflügen in die Messestadt sei er enthemmt gewesen. Dass er Crystal konsumierte, kann seine Partnerin zwar nicht bestätigen. Tanja L. erinnert sich außerdem, dass das Paar ein bis zwei Mal in der Woche exzessiv Wodka getrunken habe.
Die Beziehung stand wiederholt am Scheideweg. Mehrfach schlug Tobias K. seine Lebensgefährtin, sowohl mit der flachen Hand als auch mit der Faust. Dafür wanderte er sogar ins Gefängnis. Tanja L., die seit Dezember 2011 mit ihm liiert war, hielt nach kurzen Intermezzi weiter zu ihm, nannte ihn zuletzt liebevoll “Scheiß-Ossi”. Dabei erwirkte die Frau nach einem Exzess sogar eine einstweilige Verfügung, sodass sich ihr Tobias K. unter Androhung von Strafe nicht mehr nähern durfte.
Vier Stunden lang hört das Gericht die Tochter der Verstorbenen an. Die Frau mit den zotteligen, braunen Haaren wirkt psychisch lädiert. Immer wieder schluchzt sie. Das Verbrechen an ihrer Mutter hat die Zeugin nachhaltig gezeichnet. “Für mein Umfeld bin ich schuld am Tod meiner Mutter”, schildert Tanja L. mit Tränen in den Augen. Schließlich sei sie diejenige gewesen, die den mutmaßlichen Mörder in die Familie aufgenommen habe.
Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter beschreibt Tanja L. als unterkühlt. Als die Familie vor vielen Jahren noch in Norddeutschland sesshaft war, habe Monika C., die mit einem Pakistani vermählt gewesen ist, ihren Nachwuchs genötigt, auf dem Papier einen Inder zu heiraten. Anschließend sei sie von dessen Familie bedroht worden. Ob die Story stimmt oder nicht, möge das Gericht urteilen.
In der Version Tanja L.’s gibt es so etwas wie ein vorläufiges Happy End, nachdem die Familie in den Raum Leipzig übersiedelt war. Eineinhalb Jahre vor dem Mord hätten sich beide wieder vertragen. Bis zum 5. Mai 2013, als Tanja gemeinsam mit Tobias bei Monika C. übernachtet. Nach dem Besuch warf diese ihr und ihrem Lebensgefährten vor, 10.000 Euro aus der Wohnung entwendet zu haben.
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Angeblich beauftragte die Mutter eine Privatdetektei, um das Geld wieder zu beschaffen. Ihre Tochter berichtet heute, sie und ihr Freund seien von Unbekannten unter Druck gesetzt worden, verbrachten im Frühsommer ein Wochenende auf Anraten der Polizei sogar bei Tobias K.’s Bekannten Klaus G. Aus dessen Wohnung stammte laut Anklage später übrigens das Messer, mit dem Tobias K. Monika C. niedergestochen haben soll
Tanja L., soviel steht nach ihrer Vernehmung fest, ist vorerst ein Buch mit sieben Siegeln. Die Frau neigt zum Drama, übertreibt an der einen oder anderen Stelle, bietet Angriffsfläche für Verteidiger Axel Kaufmann. Der Jurist sucht fieberhaft nach Lücken in der Beweiskette, hinterfragt vieles kritisch. Sichtlich erleichtert darf Tanja L. Um 13:30 Uhr den Zeugenstand verlassen.
Fest steht für Außenstehende, dass auch sie durchaus ein Motiv gehabt haben könnte, ihrer Mutter Leid zuzufügen. In einem Facebook-Eintrag schrieb sie am 28. Mai: “Mutter, ich werde dich töten…” Allerdings kooperierte die Wurznerin nach dem Mord durchweg mit den Ermittlern.
Am 11. Oktober, zwei Tage nach der Tat, kurz vor seiner Verhaftung, soll Tobias K. bei ihr angerufen haben. In dem Gespräch habe der Angeklagte den Mord gestanden, jedoch sofort das Geständnis widerrufen, berichtet die Tanja L., die im Prozess als Nebenklägerin auftritt. Später am Tag trafen sich beide, weil Tanja, die sich kurz zuvor von K. los gesagt hatte, ihm eine Gürteltasche übergeben wollte. “Er hat mir Angst gemacht”, sagt sie im Anschluss. Merkwürdig: Nachdem Tobias K. wegen des Mordes an Monika C. in Untersuchungshaft landete, schrieb sich das Paar weiterhin Briefe.
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