Robert E. (28) hat viele, zu viele kleine und mittlere Striche auf dem Kerbholz. Die Anklage ist ellenlang. Schwarzfahren, Kaufhaus- und Lebensmitteldiebstähle, Beleidigungen. Einmal titulierte er betrunken Polizisten als "Nazis", schmetterte ihnen "Heil Hitler" entgegen. Am 13. Dezember 2013 lieferte sich jedoch der junge Mann, der keinen festen Wohnsitz besitzt, eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Mitarbeitern des Suchtzentrums. Das Amtsgericht verurteilte den Leipziger zu 15 Monaten Haft auf Bewährung.
Der Angeklagte, der seit dem 14. Lebensjahr Alkohol trinkt, tauchte gegen 21.30 Uhr in dem Wohnprojekt “Domizil” auf. Ein Betreuer bemerkte, Robert E. habe verbotenerweise Alkohol mit ins Haus gebracht. “Wir arbeiten akzeptierend”, berichtet Thomas H. (55). Allerdings folgt die Akzeptanz klaren Regeln, denen die Bewohner bei Einzug zustimmen.
Als der Sozialarbeiter dem Angetrunkenen das Schnaps-Fläschchen abnahm, griff dieser zu einer Glaskaraffe und anderen Gegenständen, um sie auf Thomas H. und dessen Kollegin Jacquline N. (48) zu werfen. Beide blieben unverletzt.
Vor Gericht räumt der Leipziger die meisten der 26 Taten ein, die ihm zur Last gelegt werden. In einem Fall, es geht um den Diebstahl einer Geldbörse mit 240 Euro, fehlt der Belastungszeuge. Da der Mann schon wegen Vortäuschens einer Straftat verurteilt wurde, ist damit das Verfahren in dieser Sache eingestellt. Die Einzelstrafe wäre jedoch bei der langen Liste nicht mehr erheblich ins Gewicht gefallen.
“Wie stellen Sie sich das denn vor, wie es mit Ihnen weitergeht?”, fragt Amtsrichterin Ute Pisecky. “Ich würde schon ganz gerne wieder in eine festen Unterkunft kommen”, antwortet der Angeklagte. Der Obdachlose ist ein Dutzend Mal vorbestraft. Überwiegend aufgrund von Kleinkriminalität. Diebstähle, Beleidigungen, Schwarzfahren.
Eineinhalb Jahre hat er wegen schwerer räuberischer Erpressung in Jugendhaft verbracht. Vier Jahre, von 2007 bis 2011, residierte Robert E., dem die Gefängnis-Psychologin eine Borderline-Störung attestierte, in einer Bennewitzer Wohneinrichtung für psychisch Kranke. Seit 2011 lebt er mit kurzen Unterbrechungen in Leipzig auf der Straße.
“Keine positive Sozialprognose”, findet der Staatsanwalt. Sein Antrag: Eineinhalb Jahre Haft. Verteidiger Christian Avenarius beantragt ein Jahr auf Bewährung. Richterin Pisecky lässt Milde walten. 15 Monate Gefängnis, die zur Bewährung ausgesetzt werden. “Bringen Sie Ihr Leben in die geordneten Bahnen, dass Sie nicht straffällig werden”, fordert die Vorsitzende den Verurteilten am Ende auf.
Binnen der nächsten drei Jahre darf sich Robert E. keine Straftat leisten. Angesichts der Häufigkeit, mit der er seit 2012 immer wieder das Gesetz gebrochen hat, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder schwedische Gardinen vor den Fenstern sieht. Wenn nicht ein kleines Wunder geschieht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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