Der Chemieeinsatz der Leipziger Polizei am 3. Februar 2014 zeigt Folgen. Eine weitere Vermutung von Seiten des sächsischen Innenministers Markus Ulbigs ebenfalls. So könnte es wohl sein, dass mehr als nur einmal in Leipzig Beigaben des Löschmittels "FireAde 2000 - Fire Fighting Agent" und des Frostschutzmittels "CW-Antifreeze" gegenüber Demonstranten zum polizeilichen Einsatz gekommen sind. Wie oft bereits die Polizei den rechtswidrigen Einsatz von "Feuerlöschmitteln" gegen Personen angewandt hat, interessiert nun die Grünen im Landtag.
“War Leipzig nur die Spitze des Eisberges?” so die Frage der Fraktion der Grünen. Für Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der Fraktion sind es klare Rechtsbrüche der Polizei. “Sollte sich die Vermutung des Innenministers bestätigen und es sich beim Einsatz von Feuerlöschern gegen Personen nicht um einen Einzelfall handeln, braucht es eine umfassende öffentliche Aufklärung. Haben sich sächsische Polizisten bewusst über Recht und Gesetz hinweggesetzt? Wann und wo ist dies noch geschehen? Wer trägt dafür die Verantwortung?”
Für den Einsatz am 3. Februar 2014 liegt die Antwort nahe. Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz (CDU) war selbst vor Ort, vertraute natürlich dem Einsatzleiter und dem eingesetzten “Wasser” so sehr, dass er sich angeblich selbst mit der chemisch durchsetzten Flüssigkeit vollsprühen ließ. Wo Merbitz im Nachgang betonte, es sei reines Wasser gewesen, was da zum Einsatz kam, widersprach Innenminister Markus Ulbig (CDU) anschließend auf Nachfrage der Fraktion die Linken.
Was dem gesamten Vorgang zusätzliche Brisanz verleiht, ist die Tatsache, dass es seit Jahren zwischen dem ehemaligen sächsischen Polizeipräsidenten und seinem Innenminister Unstimmigkeiten zu geben scheint. Nicht zuletzt bei der Diskussion rings um die “Polizeireform 2020” stehen sich die beiden führenden CDU-Leute nahezu konträr gegenüber, auch das persönliche Verhältnis wird bis heute als eher kompliziert beschrieben.
Während Bernd Merbitz, immerhin Beisitzer im sächsischen CDU-Landesvorstand noch Ende 2013 vor dem Leipziger Stadtrat unmissverständlich mehr Polizei für Leipzig vom Inneministerium forderte, besteht man in Dresden weiterhin auf den numerischen Abbau von Stellen in Sachsen im Rahmen der “Polizeireform 2020”.
Eine Konstellation, welche bei der Anfrage nach dem polizeilichen Vorgehen in den vergangenen Jahren und damit auch die Dienstzeit Bernd Merbitz auf Landesebene und nun in Leipzig zum erfreulich offenen Auskunftsverhalten von Markus Ulbig beitragen könnte. Woher er die anderslautenden Informationen zum Einsatz am 3. Februar 2014 in Leipzig bezog, ist noch unklar.
Was nun die Opposition in Dresden interessiert, ist die lückenlose Darlegung seitens des Innenministers, welche vergleichbaren Fälle des Einsatzes unerlaubter Mittel – auch über Feuerlöscher hinaus – es in den letzten Jahren gegeben hat und wie diese verfolgt wurden. Was eine weitere Frage aufbringt: Wer überwacht eigentlich wie die Polizei? Dem demonstrierenden Bürger ist es bis heute unmöglich, Polizisten auf Demonstrationen namentlich zu erkennen, da nach wie vor keine solche Kennung von Einsatzbeamten existiert.
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Von den polizeilichen Datensammeleien im Rahmen der 2011er Demonstrationen in Dresden mal ganz abgesehen, scheint es Lücken in den Selbstkontrolle-Verfahren zu geben, welche eine offene Aufarbeitung polizeilicher Fehltritte erschweren könnte. Bis hin zu offensichtlichen Lügen, wie die der Polizeibeamten im Lothar König Prozess, reicht dabei offenbar die Palette aus Corpsgeist und strafbaren Handlungen in Sachsen.
Und immer reibt sich die Opposition mit Anfragen und Hinweisen an einem Innenministerium auf, welches am Grundzustand wenig zu ändern bereit ist. So auch im aktuellen Fall: “Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass sich die Polizei durch den Einsatz unerlaubter Mittel bewusst über den Spielraum, die ihnen das Polizeigesetz und Einsatzbefehle geben, hinwegsetzen, ist das ein nicht hinnehmbarer Rechtsbruch. Das erfordert ein konsequentes Eingreifen des Ministers und kein Herunterreden durch die Polizeiführung”, so Eva Jähnigen.
Die grüne Abgeordnete hat deshalb zur Aufklärung der Vorwürfe am gestrigen Montag, den 17. März 2014 eine Kleine Anfrage eingereicht. Sie könnte weitreichende Folgen haben. Der Eindruck, dass sich die sächsische Polizei vor allem bei größeren Einsätzen nicht immer an ein zwingend notwendiges rechtsstaatliches Vorgehen hält, könnte weitere Nahrung erhalten.
Zum Landesvorstand der CDU Sachsen
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