Die "Nationalen Sozialisten Chemnitz" (NSC) existieren nicht mehr. Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat die rechtsextreme Gruppierung am Freitag verboten. 120 Polizisten aus Sachsen und Hessen durchkämmten 16 Wohnungen und einen Szenetreff. Dabei stellten sie neben Propagandamaterial mehrere verbotene Waffen sicher. Klar ist auch: Mitglieder der Gruppe bewegten sich im Umfeld des Chemnitzer FC.
“Das Verbot ist ein weiterer Schritt in der repressiven Arbeit der Sicherheitsbehörden gegen den Rechtsextremismus. Das Verbot der NSC greift wirksam in die Strukturen der Neonationalsozialisten ein und wird langfristig die Szene schwächen”, findet Ulbig. Die Vereinigung sei verboten worden, weil sie sich nachweislich gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet habe.
Der Verein wollte einen Beitrag leisten, einen Staat wieder zu errichten, der im Wesen dem historischen Nationalsozialismus entspricht und die “Volksgemeinschaft” zu schützen hat. Dieses Selbstverständnis erfolgte in bewusster Abgrenzung zu jeglichen Parteien und in klarer Gegnerschaft zu den “Demokraten”. Die gewählten Inhalte der öffentlich wahrnehmbaren Kampagnen dienten der Tarnung des rechtsextremistischen, verfassungsfeindlichen Gedankenguts der Gruppierung, welches sich in den fremdenfeindlichen Aktionen und ihrem relativierenden Geschichtsbild widerspiegelt.
So traten die “Nationalen Sozialisten Chemnitz” bei verschiedenen Veranstaltungen unter wechselndem Namen auf. Bei den Aktionen anlässlich der Gedenktage an die Zerstörung von Chemnitz am 5. März 1945 präsentierten sie sich als “Interessengemeinschaft Chemnitzer Stadtgeschichte”. Unter diesem Namen organisierte die Vereinigung in den vergangenen Jahren auch den sogenannten “Trauermarsch”.
Größtes Betätigungsfeld bildete die Kampagne “Raus in die Zukunft”. Die Vereinigung organisierte dabei mehrere Kundgebungen gegen die Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz und schürte gezielt Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung. In den vergangenen Monaten zeigte die Vereinigung verstärkte Aktivitäten, so dass ein schnelles Einschreiten der Behörden notwendig gewesen sei. Insgesamt werden der Gruppe etwa 30 Kameraden zugerechnet.
Verfassungsschutz-Chef Gordian Meyer-Plath sprach am Freitag von einer “neonazistischen Gruppierung modernen Typs”, die nach außen nicht als Vereinigung habe erscheinen wollen. Seine Behörde erkenne jedoch keine Zusammenhänge zur Terrorzelle “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU), deren Mitglieder nach ihrem Abtauchen in die Illegalität zunächst bei Kameraden in Chemnitz unterkamen.
Die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz äußerte am Freitag eine konträre Einschätzung. “Es stellt zweifellos einen erheblichen Schlag für dieses Geflecht aus Gruppen dar, wenn die beiden Chemnitzer Führungskader Maik A. und Eric F. zumindest vorübergehend aus dem Verkehr gezogen sind. Eric F. ist unlängst als Buchautor zum britischen und irischen Faschismus in einem einschlägigen Verlag hervorgetreten”, sagte die Neonazi-Expertin der Linkspartei. “Immer wieder gibt es Hinweise darauf, dass seine langjährige enge Verbindung zu dem aktuellen Angeklagten im Münchener NSU Prozess Ralf Wohlleben, auch er früher führend im Freien Netz, ein Indiz dafür sei, dass er im Chemnitzer Umfeld des NSU angesiedelt gewesen sein könnte.”
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Am Freitag beschlagnahmten die Ermittler unter anderem Waffen, Computer, CDs, Bücher, Szene-Kleidung und Propaganda-Material. Ins Visier gerieten 15 Wohnungen und sein Szenetreff im Raum Chemnitz sowie eine Wohnung in Hessen. Dass die Beamten bei den Durchsuchungen auch die Zaunfahne einer Fangruppe des Chemnitzer FC beschlagnahmten, beweist erneut die Nähe der rechten Szene zu dem Drittligisten. Der Verein, dessen Aufsichtsratschef Uwe Reißmann zugleich die Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge leitet, hat sich in der Vergangenheit nur halbherzig gegen bekannte Neonazis in Fanszene und Ordnungsdienst gewehrt.
Haftbefehle ergingen im Zuge der Razzien nicht. Allerdings kündigte Bernd Merbitz, Chef des Operativen Abwehrzentrums und Leipziger Polizeipräsident, Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen Waffen- und Sprengstoffgesetz an. Die Staatsschützer ermitteln darüber hinaus wegen Propagandadelikten und einem Landfriedensbruch. Die Beamten gehen davon aus, unter den Mitgliedern Täter eines Anschlags gegen Asylbewerber gefunden zu haben.
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