Die schönsten Wanderwege der Wanderhure: Verlag Droemer Knaur beantragt einstweilige Verfügung gegen Verlag Voland & Quist

Immer wieder erstaunen Fälle das deutsche Lesepublikum, bei denen Autoren und Verlage mit Unterlassungserklärungen konfrontiert werden. Aus zum Teil kuriosen Gründen. Nun erwischt es den in Leipzig und Dresden heimischen Verlag Voland & Quist: Der Verlag Droemer Knaur verlangt vom Verlag Voland & Quist, das Buch "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" von Julius Fischer aus dem Verkehr zu ziehen.

Und zwar wegen angeblicher Verletzung der Titelrechte an der Wanderhuren-Reihe von den Autoren Iny Lorentz. Voland & Quist sieht die offensichtliche ironische Verfremdung des Titels als durch die Kunstfreiheit gedeckt an, teilt der kleine unabhängige Verlag mit, der sich hier nun auf einmal mit einem der Giganten auf dem deutschen Buchmarkt konfrontiert sieht. Die Verhandlung findet im März vor dem Landgericht Düsseldorf statt.

Die Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG hat gegen den Verlag Voland & Quist Greinus und Wolter GbR den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Antragsschrift wurde am 10. Februar 2014 zugestellt.

Droemer Knaur fordert das Landgericht Düsseldorf darin auf, den weiteren Vertrieb des satirischen Kurzgeschichtenbands “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure” vom Leipziger Autor Julius Fischer ab sofort zu untersagen, für jeden Fall der Zuwiderhandlung soll ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro festgesetzt werden.

Der Titel “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure” verletzt nach Auffassung des Verlags Droemer Knaur die Rechte an der bekannten Titelreihe “Die Wanderhure”, die zum Teil verfilmt worden ist.

“Wir werden uns gegen diesen Antrag wehren, denn wir halten die offenkundig ironische Auswahl unseres Titels für zulässig”, erklärt Sebastian Wolter vom Voland & Quist zu diesem Vorgang. “Der Buchtitel ist der titelgebenden Geschichte ‘Die schönsten Wanderwege der Wanderhure’ entliehen, die die aggressive Vermarktung von Bestsellern aller Genres, dabei unter anderem auch die der historischen Romane des Wanderhuren-Autorenduos Iny Lorentz, persifliert. Es ist für alle Interessierten erkennbar, dass es sich um eine Parodie handelt, die von der grundgesetzlich garantierten Kunstfreiheit erlaubt ist.”Aber vielleicht ist es genau das, was Droemer Knaur so weh getan hat, denn die Vermarktung von fiktiven historischen Büchern ist ein lukratives Verkaufssegment und wird mit einem fast andächtigen Ernst betrieben. So wie auch die Verfilmungen dazu von einem theatralischen Ernst besessen sind, der augenscheinlich etliche Fernsehzuschauer in den Bann zieht. Aber wie nah kommen solche Bücher und Filme der Wirklichkeit?

Darüber kann man streiten. Sollte man eigentlich auch: schriftlich, literarisch. Auch in Auseinandersetzungen mit dem von Würde und Bedeutsamkeit quietschenden Romanstoff, mit dem zwei Münchner richtig gut Bücher verkaufen.

Dass Droemer Knaur nun die Satire dazu vom Markt klagen will, klingt nicht wirklich nach Bereitschaft, eine literarische Auseinandersetzung überhaupt zuzulassen.

Aber von Marketing hat man doch irgendwie eine Menge Ahnung, denn die mündliche Verhandlung findet just am 13. März 2014 beim LG Düsseldorf statt.

Damit fällt der Gerichtstermin direkt auf den ersten Tag der Leipziger Buchmesse. Und so eine Messe lebt natürlich auch von Gerüchten und Skandalen. Ob auch Iny Lorentz in Leipzig lesen, war freilich gerade nicht herauszufinden, im Programm von “Leipzig liest” tauchen die beiden Ruheständler aus München nicht auf. Dafür steht Julius Fischer am 14. März um 15.30 Uhr im Programm. In der Buchhandlung Hugendubel will er aus “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure” lesen und mit Ine Dippmann und Henner Kotte darüber diskutieren.

Die Verlagsleiter von Voland & Quist, Leif Greinus und Sebastian Wolter, freuen sich sogar auf den Prozess: “Wir freuen uns auf das Verfahren vor dem LG Düsseldorf und gehen davon aus, dass der Verlag Droemer Knaur mit seinem Untersagungsantrag keinen Erfolg haben wird. Natürlich war es weder unsere Intention noch die des Autors Julius Fischer, den Erfolg der Wanderhuren-Bücher auszunutzen. – Hart trifft uns der Vorwurf des Verlags Droemer Knaur, unser Autor Julius Fischer würde sich mit dem von ihm gewählten Buchtitel ‘Die schönsten Wanderwege der Wanderhure’ ‘in höchstem Maße respektloser und ignoranter’ Weise über das ‘traurige Schicksal der Wanderhuren im Mittelalter’ lustig machen. Diesen Vorwurf weisen wir in aller Schärfe zurück.”

Ja, wo kommen wir da hin, wenn Satire in Deutschland nicht mehr respektlos sein darf?

Der Verlag: www.voland-quist.de

Der Buchtitel bei Voland & Quist: www.voland-quist.de/buch/?184/Die+sch%C3%B6nsten+Wanderwege+der+Wanderhure?Julius+Fischer

Der respektlose Autor aus Leipzig: www.juliusfischer.de

Wer steckt hinter Iny Lorentz?: www.droemer-knaur.de/sixcms/detail.php?template=dkr_leselounge_specials_detail&id=7816617