Irgendwie hat es niemanden gestört, ein skurriler Anblick ist es dennoch, was da im Schaufenster steht. Der namenlose Spiele- und Schachladen in den "Brühl Arkaden" liegt auf dem täglichen Weg zur Arbeit für Michael Fischer-Art, unweit ist das Abgeordnetenbüro von Dr. Thomas Feist zu finden. Hunderte Weihnachtseinkäufer dürften in den vergangenen Tagen auf der Suche nach einem Geschenk vorbeigebummelt sein. Und von drinnen schaut der Führer auf seinen Stock gestützt streng durchs Fensterglas.

Ob sich die Perser mal geträumt hätten, dass auf der Königsposition der gute alte Adolf stehen würde, als sie das Strategiespiel überhaupt erfanden? Fröhliche Urstände feiert der GröFaz dennoch auf einem Schachfeld in Leipzigs Innenstadt und vielleicht gerade bei dem einen oder anderen unterm Hakenkreuzgeschmückten Weihnachtsbaum.

Eine Rarität dürfte es in jedem Fall sein, bizarre Sammlerstücke dieser Art sind selten, sie sollten also durchaus dem einen oder anderen im vorweihnachtlichen Geschenkerausch ins Auge gefallen sein.
Zwischen den Figuren des Zauberers von Oz, lustigen Piraten und der amerikanischen Armee kämpft die Wehrmacht mit etwas erigiert wirkenden Panzern statt Pferdchen und beflaggten Türmchen für den Endsieg auf dem gemusterten Feld der Ehre. Aufmerksam späht der flinke Läufer-Offizier durch den Feldstecher und in erster Reihe steht der einfache Soldat mit militärisch geschultertem Schießgewehr. Nur bei der Flagge ist man sich irgendwie nicht so treu geblieben – hier fehlt der Reichsadler, statt Reichskriegsflagge oder Hakenkreuz nur ein einfaches, weißes Kreuz auf rotem Grund. Was die echten Devotionalienkäufer wohl etwas enttäuschen könnte.

Doch zwei Fragen bleiben. Wer ist die Dame in diesem Spiel? Nimmt man den Zeitpunkt des Stockgängers Hitler, vielleicht Dönitz? Himmler eher nicht, man scheute wohl den Totenkopf auf Waffenrock und Mütze. Die zweite Frage ist eher allgemeiner Natur. Mal gewinnt man, mal verliert man beim Schach. Doch ist es mit diesem Spiel nicht eigentlich unmöglich einen Sieg gegen den Ami auf dem Felde zu erringen? Neben dem historischen Grund könnte man sich auch fragen, wie weit die Spielintelligenz von Hitlerverehrern eigentlich reicht?
Der Kaufpreis jedenfalls stand nicht dran, der wohl ist im Laden zu erfragen, falls man Interesse hat. Zum Zeitpunkt der Fotos, der 24. Dezember, 14 Uhr, fand sich das Geschäft gerade frisch durch einen älteren Herrn verschlossen. Dieser bummelte nach einem Testrüttler an der Tür durch die Brühl Arkaden von dannen. Es ist Weihnachtszeit in Deutschland, das Fest der Nächstenliebe. Ob der Absatz bislang gut oder schlecht war, wollten wir da nicht fragen.

Wiki: Schach (von persisch Schah / ????? /?König? – daher die Bezeichnung “das königliche Spiel”) ist ein strategisches Brettspiel, bei dem zwei Spieler abwechselnd Spielsteine (die Schachfiguren) auf einem Spielbrett (dem Schachbrett) bewegen. Ziel des Spiels ist, den Gegner schachmatt zu setzen, das heißt seine als König bezeichnete Spielfigur unabwendbar anzugreifen.

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