"Ich habe die letzten zwei Wochen schlecht geschlafen", sagte Martin B. heute vor dem Amtsgericht Leipzig. Er war angeklagt, am 26. April vergangenen Jahres einen Polizisten beleidigt und bespuckt zu haben. "Damals war ich im Freiflug. Ich habe die ganze Zeit Alkohol getrunken." Dabei hatte er kurz vor der Tat eben jener Richterin, Marion Weißenfels, vor der er heute erneut stand, versprochen, nie wieder einen Tropfen zu trinken.
“Hoch und heilig haben Sie das geschworen”, erinnert sich Weißenfels. Martin B. war Ende März entlassen worden. Nicht mal einen Monat hat er durchgehalten. “Sie hatten damals Aussicht auf eine Festanstellung. Das haben Sie sich wohl selber verbaut”, stellte Weißenfels fest.
An jenem April-Abend fanden ihn zwei Polizisten auf einer Bank im Clara-Zetkin-Park schlafend vor. Die Beamten weckten ihn und sofort wurde B. aggressiv und ausfallend. “Normalerweise braucht so etwas ein bisschen Zeit, bis die Leute auf Touren kommen. Doch er war sofort dabei. Eine ganze Schallplatte mit allen möglichen Ausdrücken hat er abgelassen”, sagte der Polizist heute aus. “Du Spasti, Missgeburt, Behindi, Wichser …”, all jenes soll Martin B. gesagt haben. Und ein, “Du gehörst nicht zur Polizei, Du solltest Klos putzen”, soll er hinterhergeschoben haben. Zudem soll er den Beamten zwei Mal angespuckt haben. An Jacke und Hose habe er ihn getroffen.
Drei Taten soll sich Martin B. in der Zeit von seiner Entlassung bis Ende Dezember vorigen Jahres zuschulden haben kommen lassen, zusätzlich zu den elf Einträgen, die sein Vorstrafenregister schon aufweist : Die Spuck-Attacke, den Diebstahl einer Flasche Vodka im Rewe-Markt am Hauptbahnhof sowie einen Vorfall am Lindenauer Markt, der ihm wohl bald als Raub angelastet werden wird.
“Ich war in dieser Zeit im freien Fall. Meine Mutter hatte gesagt, ich solle selbst auf die Füße kommen, also konnte ich auch nicht zurück in die Wohnung nach Engelsdorf. Bald war mir klar: Allein schaffst du das nicht. Also bin ich in Therapie gegangen.” Die absolvierte er in Unterfranken, wo er zunächst 16 Wochen in Intensivtherapie blieb. Er wechselte dann in eine Rehabilitation, wo er ein Praktikum machte. Daraufhin bot ihm der örtliche Elektrobetrieb eine Festanstellung am. “Seit Mitte Juni bin ich dabei, erst mal in Probezeit, aber ich bekomme 2.100 Euro brutto. Ich habe seit Anfang August auch eine eigene Wohnung, die nur 350 Euro Miete kostet”, erzählt der Angeklagte.
Er kann zudem ein äußerst positives Zeugnis der Suchtklinik vorweisen. Seit acht Monaten ist Martin B. nüchtern. Und will es auch bleiben, um die Arbeit und die Wohnung zu halten. “Mein Arbeitgeber hat mir gesagt, dass er nur einen Grund sieht mich zu kündigen und das ist, wenn ich wieder anfangen sollte zu trinken.” Er arbeite in einem Familienbetrieb, wo jeder wisse, dass er ein Alkoholproblem habe.
“Was mache ich nun mit Ihnen?”, fragte Richterin Weißenfels, die sich mit dieser neuerlichen positiven Prognose konfrontiert sah. “Bitte geben Sie mir noch mal eine Geldstrafe. Ich will nicht wieder ins Gefängnis”, so B. Die Staatsanwaltschaft forderte daraufhin eine Gesamtstrafe von 3.000 Euro. Darin enthalten ist bereits die letzte Rate einer noch offenen Geldstrafe, welche sich auf 380 Euro beläuft. Nach deren Plädoyer hatte Martin B., wie üblich, das letzte Wort. Er sagte nur: “Dankeschön.”
Richterin Weißenfels entschied milder: Auf 1.800 Euro, inklusive der offenen Strafe, ist das Strafmaß festgesetzt worden. “Und ich möchte Sie nicht wieder auf der Anklagebank sehen”, so die Richterin.
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