Das Urteil ist das, worauf sich Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung in einem sogenannten Deal - einer Absprache - geeinigt haben: Vier Jahre und neun Monate muss Enrico G. im Gefängnis absitzen. Wegen schweren Raubes, versuchter Nötigung und räuberischer Erpressung. Er hatte zugegeben, am 10. und 11. März dieses Jahres zwei Frauen überfallen zu haben. Die erste drängte er in eine Toreinfahrt und wollte "Geld, Geld, Geld." Der zweiten zog er auf offener Straße die Handtasche über den Kopf und verschwand damit.
“Ich stand unter Drogen”, sagte Enrico G. zu den Vorwürfen. Er habe einfach nicht nachgedacht, was er da tue. “Ich brauchte dringend Geld für Crystal und Heroin.” Zwei bis drei Gramm des letzteren habe er täglich genommen. Vom Crystal ein bis zwei Gramm jeden Tag. Das mag nach nicht viel klingen, doch Crystal gehört zu den aggressivsten Chemiedrogen überhaupt. Ein bis zwei Gramm ist die Dosis eines Schwerabhängigen.
“Wie viel haben Sie denn dafür bezahlt?”, wollte Richter Jens Kaden wissen. “Pro Gramm Crystal 60 Euro, für Heroin 35”, antwortete Enrico G. “Das ist recht teuer für Heroin. Da bezahlen andere weniger”, meinte Kaden. Von seinen Hartz-IV-Bezügen kann Enrico G. das nicht bezahlen. “Also musste ich mir die Kohle anders beschaffen”, erklärt er.
Am 10. März dieses Jahres ist ihm der Stoff ausgegangen. Da soll er den ersten Überfall begangen, aber nur fünf Euro erbeutet haben. Einen Tag später hat er Entzugserscheinungen und entschließt sich zum zweiten Raub. Seinen Opfern hat er einen Riesen-Schreck eingejagt. Die Rentnerin Anna G., der er in der Bogislawstraße die Tasche abgenommen und sie mit einem Taschenmesser bedroht haben soll, geht dort nicht mehr hin. “Ich kann das nicht mehr sehen, deshalb gehe ich jetzt immer eine andere Strecke zum Einkaufen”, erzählt sie.
Das Urteil des Landgerichts Leipzig liegt genau in der Mitte zwischen den Forderungen des Verteidigers, der vier Jahre und acht Monate wollte, und der Staatsanwaltschaft, die fünf Jahre beantragt hatte. Enrico G. wird zudem in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Richter Jens Kaden warnte ihn vor: “Das ist keine Klinik, wo einem liebe und nette Krankenschwestern die Hand halten.” Den Haftbefehl hat das Gericht nicht aufgehoben. Enrico G. bleibt also weiter in Untersuchungshaft, womöglich bis er seine Strafe antritt.
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