Hat ein Arzt aus Markkleeberg den Tod eines drogensüchtigen jungen Mannes verschuldet? Diese Frage verhandelt das Landgericht Leipzig seit mittlerweile zehn Monaten. Es geht um Josef K., der in seiner neuropsychiatrischen Praxis in der Nonnenstraße Ersatztherapie für Drogenabhängige anbot. Statt Heroin nehmen die Patienten das Medikament Methadon - unter einem Markennamen auch bekannt als Polamidon.
Einer dieser Fälle soll gehörig schief gegangen sein: Ein 29-jähriger Mann starb am 19. September 2006, wohl an den Folgen einer Überdosis Polamidon. Tags zuvor war er noch in der Praxis gewesen und hatte seine Ration abgeholt, das sogenannte Take-home, was sich die Patienten eigenverantwortlich verabreichen. Josef K. wird daher vorgeworfen, die Regeln der Ersatztherapie gebrochen zu haben. “Sie hätten das Polamidon nicht mit nach Hause geben dürfen”, so der Staatsanwalt. Josef K. steht wegen der Abgabe von Betäubungsmitteln mit Todesfolge vor Gericht.
Von zentraler Bedeutung ist die Frage, ob es wirklich das Methadon war, das den jungen Mann ums Leben kommen ließ. Ja, sagt das rechtsmedizinische Erstgutachten, welches kurz nach dem Vorfall von der Uniklinik Leipzig aufgesetzt wurde. Nicht unbedingt, sagt ein Rechtsmediziner aus Essen, der heute vor Gericht aussagt. Kurt Trübner ist seit 25 Jahren Rechtsmediziner und hat schon viele hundert Drogentote obduziert. Er schätzt ein, dass die Dosis, welche im Blut des Toten gefunden wurde, nicht tödlich sein muss. 400 Nanogramm Methadon pro Milliliter Blut wurden nachgewiesen.
“Das kann tödlich enden, muss es jedoch nicht. Es ist alles eine Frage der Gewöhnung”, so Trübner. Seiner Meinung nach spricht vieles für eine Mischintoxikation. Es soll also die Summe des Methadons zusammen mit anderen Medikamenten gewesen sein, die zum Tode führten. Aufgrund der Medikamentenliste des Opfers liege es nahe, dass vieles durcheinander genommen wurde. “Mischintoxikation gehört bei Drogentoten zu den häufigsten Todesursachen”, sagt der Arzt. Zudem entwickelten sie im Laufe ihrer Drogenkarrieren oft Herzleiden sowie Hepatitis C – eine kaputte Leber. Für letzteres spricht auch, dass das Opfer Paracetamol genommen hat, welches die Leber belastet. “Ob eine Herzmuskelentzündung oder ein Leberschaden vorlag, das haben die Erstgutachter nicht geprüft”, kritisiert Trübner. Zwar seien Auffälligkeiten am Herzen beschrieben worden, doch seien nicht die notwendigen Labortests dazu gemacht worden. Diese wären für eine eindeutige Bestimmung notwendig gewesen.
Aber sie sind nun, rund sieben Jahre nach dem Tod des Mannes, naturgemäß nicht mehr möglich. Zudem fehlen auch jene Daten, auf deren Grundlage das Erstgutachten erstellt wurde. Zum einen ist die Aufbewahrungspflicht der Rechtsmediziner abgelaufen – sie beträgt sechs Jahre. Zum anderen sei jene Festplatte defekt, auf der die Daten gespeichert sind. Dies erklärt Heiner Trauer, Leiter der Abteilung forensische Toxikologie der Uniklinik Leipzig. Das Gutachten seiner Abteilung wird von einem weiteren Experten kritisiert: Es enthalte unpräzise Aussagen. Kurt Trübner widerspricht dem Gutachten ebenfalls klar: “Die Todesursache ist nicht eindeutig zu klären.”
Damit neigt sich die Waage in Richtung der Unschuld von Josef K. Das Gericht wird sich noch wochenlang mit weiteren Experten beschäftigen. Ein Urteil ist nicht vor September zu erwarten.
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