Der Prozess um die Drogenrazzia im alternativen Wohnprojekt "Stö" ist am Freitag mit der Verurteilung zweier Männer zu Ende gegangen. Arwed W. (36) soll für 3 Jahre und 4 Monate hinter Gitter. Daniel R. (37) wurde zu 20 Monaten auf Bewährung verurteilt. Nach Geständnissen drehte sich letztlich bei der Urteilsfindung und der Bestimmung des Strafmaßes alles um die Waffenfrage und ob der Polizeieinsatz unter Einbeziehung des Kindergartens überzogen war.
Das Geschäftsprinzip der beiden Dealer ist schnell erklärt: Daniel R. beschaffte in größeren Mengen Marihuana, welches Arwed W. in einer eigens hergerichteten Wohnung weiterverkaufte. Pech für ihn: Bei der Durchsuchung am 10. Oktober 2012 fanden die Fahnder neben zwei Tresoren und einem Kamerasystem ein Luftgewehr, eine selbstgebaute Lanze und einen Wurfstern. Nachdem die Männer zu Prozessbeginn Geständnisse abgelegt hatten, drehte sich die Verhandlung um die Frage, ob Daniel R. (37) zweifelsfrei von den Waffen in den Verkaufsräumlichkeiten gewusst hatte. Denn bewaffnetes Handeln mit Drogen wird deutlich härter geahndet.
Staatsanwalt André Kunert war sich sicher: “In der Gesamtschau aller Indizien ist davon auszugehen, dass Herr R. Kenntnis von den Waffen gehabt hat.” Der Ankläger beantragte, beide Männer für dreieinhalb Jahre wegzusperren. “Es gibt im Leben immer Zufälle”, erwiderte Verteidiger Stephan Bonell. Der Jurist hatte erklärt, Arwed W. habe die Waffen am Tag der Razzia aus seiner Privatwohnung in den Verkaufsraum gebracht – wegen einer Rattenplage. Sein Mandant habe keine anderen Gründe gehabt, sich zu bewaffnen. “In der Stockartstraße ging es immer friedlich zu.” Bonell beantragte, W. für drei Jahre hinter Gitter zu schicken.
Seine Kollegin Claudia Riemer ging hart mit der Hauptbelastungszeugin Fanny J. ins Gebet. “Fanny J. meinte was von Automatik-Waffen”, so die engagierte Anwältin. “Diese tauchen im ganzen Verfahren nicht auf.” Die Ex-Bewohnerin der “Stö” hatte offenbar aus Rache für ihren Rausschmiss mit der Polizei geplaudert. Im Gericht erzählte sie aus dem Nähkästchen, überspannte dabei allerdings ein wenig den Rahmen. Trotz augenscheinlicher Falschaussage war sich die 34-Jährige nicht zu schade, den weiteren Prozess im Gerichtsaal zu verfolgen.
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Das Gericht folgte in seinem Urteil der Auffassung der Verteidigung. “Wir haben keinen Nachweis darüber, dass Herr R. Kenntnis von den Gegenständen in der Wohnung hatte”, begründete der Vorsitzende Jens Kaden die Bewährungsstrafe für den mutmaßlichen Drahtzieher der Drogendeals. Der Richter ging auch auf die Kontroversen um den Polizeieinsatz ein. Spezialkräfte hatten seinerzeit das Freigelände einer benachbarten Kindertagesstätte gestürmt, während die Kinder im Freien spielten.
“Von der reinen Polizeitaktik her war es notwendig, den Kindergarten mit einzubeziehen”, so Kaden. Aber: “Vielleicht hätte man fünf Minuten vorher eine Beamtin in Zivil hinschicken können.” Beide Angeklagte durften das Gericht auf freiem Fuß verlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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