"Es gibt viele gute Gründe für Treue", prangt auf einer meterhohen Werbetafel vor dem Rewe-Supermarkt am Connewitzer Kreuz. "Dort werde ich nie wieder einkaufen", ist sich Tino sicher. (Der Name wurde von der Redaktion geändert.) Normalerweise kauft der 33-Jährige nicht bei Supermärkten ein, sagt er. "Unter anderem wegen der schlechten Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter." Als er am 13. Februar auf dem Heimweg schnell noch ein Brot kaufen wollte, erlebte er sein blaues Wunder.
“Als ich das Geschäft verließ, stürzte sich draußen einer der beiden Wachmänner auf mich”, erinnert er sich in ruhigem Tonfall. Sachlich fasst Tino zusammen, was dann geschah: Die Sicherheitsleute drückten ihn zu Boden, warfen ihn über das Geländer der Rampe, die von der Straße zum Eingang der Kaufhalle führt, verdrehten seine Arme und Beine und legten ihm schließlich Handschellen an. Dann zerrten sie ihn ins Hinterzimmer zwischen Fleischregal und Wurstbar.
“Ich lag dabei halb auf dem Rücken”, erinnert er sich. Dann versuchte der Leipziger seine Beine zu lockern. “Da hat mich einer der beiden auf den Fußboden gedrückt und gewürgt.”
Warum dieses brutale Schauspiel? “Die Sicherheitsleute vermuteten, ich hätte etwas gestohlen”, sagt Tino.
Sie riefen dann doch die Polizei. Als die Ordnungshüter endlich eintrafen, zerplatzte der Verdacht der Sicherheitsleute wie eine Seifenblase. Sie hatten Tino zu Unrecht verdächtigt. Das hat nun Folgen. Gegen die Türsteher ermitteln die Beamten wegen Körperverletzung.”Mein Mitarbeiter hat die betroffene Person angesprochen, er möchte die Tasche öffnen”, stellt Jörg Mokry klar. Der Geschäftsführer der “Leipziger Löwen” hält demonstrativ zu seinen Angestellten. Aus deren Sicht hatte der Angegriffene versucht, vor ihnen zu fliehen. “Dazu hätte ich keinen Grund gehabt”, erwidert der Betroffene. “Einer der Wachmänner glaubte wohl, ich würde ihn provozieren.”
“Unsere Mitarbeiter sprechen die Kunden natürlich als Erstes an”, betont Mokry, dessen Unternehmen seit Jahren für Rewe tätig ist. Wenn jemand seine Tasche nicht öffnen wolle, würde ein Filialmitarbeiter entscheiden, ob die Polizei gerufen wird. Die Kölner Lebensmittelkette sieht bisher keinen Handlungsbedarf. Pressesprecher Raimund Esser: “Das ist alles formvollendet gelaufen.”
Keine Kommentare bisher