Überraschende Wende im Prozess gegen vier junge Männer vor dem Leipziger Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten im Alter von 21 bis 33 Jahren vor, am 14. November 2010 an einer Eilenburger Tankstelle einen Familienvater und dessen Eltern angegriffen und ausgeraubt zu haben.
Nahmen ihre Verteidiger am Dienstag der vergangenen Woche noch fünf Stunden lang das 40-jährige Opfer auseinander, gestanden die Angeklagten am Mittwoch, 7. März, überraschend die Tat.
Zuvor zeigte ihnen Staatsanwältin Anja Butenschön auf, welche Konsequenzen das bisherige Prozessverhalten bedeuten könnte. “Ich habe keinen Zweifel, dass Sie die Richtigen sind, die hier auf der Anklagebank sitzen.” Da die Männer teils erheblich vorbelastet seien, könnten sie schon aus präventiven Gründen nicht auf Milde hoffen.
Besonders scharfe Worte richtete Sie an Tommy H. (27). “Ihnen muss ich jetzt nicht erklären, dass Sie im Falle einer Verurteilung mit einer ernsthaften Freiheitsstrafe rechnen müssen.” Besonders störte Butenschön, dass die Männer der 60-jährigen Dagmar H. eine mehrstündige Vernehmung nicht ersparen wollten. Sie leidet bis heute unter den seelischen Folgen des Angriffs. “Sie sollten sich auch im Hinblick auf die Vernehmung von Dagmar H. überlegen, ob sie hier nicht mal langsam die Hosen runterlassen und zu dem stehen, was sie da verbockt haben.”Diese Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Verteidiger Ingo Stolzenburg gab für Tommy H. eine Erklärung ab. Die Angeklagten hätten auf dem Heimweg von einer Eilenburger Diskothek an der Total-Tankstelle einen Zwischenstopp eingelegt. Als sich ihr Opfer Thomas H. im Vorbeigehen über den Lärm der Männer beschwerte, habe H.’s Mitangeklagter Andreas S. (22) eine Flasche geworfen. Als der Eilenburger daraufhin die Männer zur Rede stellen wollen, schlug Dennis S. (33) als Erster auf ihn ein. Wer dessen Eltern attackierte, als sie ihrem Sohn zu Hilfe eilten, wisse sein Mandant nicht. Die übrigen Angeklagten schlossen sich dieser Darstellung weitestgehend an. Daran, wie der Laptop des Opfers in ihr Fluchtauto gelangt war, wollte sich am Mittwoch niemand mehr erinnern.
“Das ist wirklich doof gelaufen”, räumte Andreas S. kleinlaut ein. Für den Hooligan stand damals fest, dass Thomas H. Ärger suchen würde. “Für mich war klar, dass die sich jetzt prügeln.” Glaubt man den Ausführungen des Betroffenen, war dies keineswegs seine Absicht. Angesichts der herrschenden Kräfteverhältnisse wirkt dies äußerst realitätsfremd.
Ganz offensichtlich liegt die Reizschwelle der Angeklagten relativ niedrig. Denn eine plausible Erklärung für den sinnlosen Gewaltausbruch wollte sich partout nicht finden lassen. “Was haben sie sich dabei gedacht”, fragte Butenschön. “Wir haben uns nichts dabei gedacht”, erwiderte Dennis S. “Das war ja nicht geplant gewesen.” Das Urteil soll am kommenden Montag gefällt werden.
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