Vorsichtig gehen zwanzig Paare an der S-Bahn-Station vorbei. Dort ein Windstoß, da ein krähender Rabe, das Dröhnen eines Helikopters, eine Fahrradklingel, Schritte auf Asphalt. Wie nehme ich die Stadt wahr, wenn ich sie mit geschlossenen Augen durchquere? Wer führt mich? Wohin gehen wir? Und vor allem: Was höre ich? -Schauplatz: Leipzig, Bayerischer Bahnhof.
In der Nähe der Innenstadt treffen hier mehrere Straßenbahnlinien, zwei sechsspurige Straßen und eine unterirdische S-Bahn-Station aufeinander. Der Verkehr schiebt sich in Schüben durch die Stadt, das Rauschen der Autos vermischt sich mit dem Rattern der Bahnen und den Sirenen der Krankenwagen. Viel Beton, wenig Grün. Kein Ort also, der zum Verweilen einlädt. Oder doch?
In Anlehnung an die Spaziergangsforschung erkundet das Projekt „Schhh…!“ mit künstlerischen Mitteln den urbanen Raum. Es legt dabei den Fokus auf die permanenten akustischen Reize, die uns tagtäglich in der Stadt umhüllen.
„Schhh…!“ hinterfragt das permanente (Verkehrs-) Rauschen in unseren Städten und untersucht es gleichzeitig auf seine musikalischen Qualitäten. Der partizipative Stadtspaziergang experimentiert mit der Akustik des Stadtraumes, führt an Orte und Unorte aller Art und lässt diese mithilfe von Musik und Performance in neuem Licht erscheinen.
„Schhh…!“ ist Katharina Böbels erster Hörspaziergang, der sich mit dem Thema Stadtgeräusche auseinandersetzt und hatte im Herbst 2019 Premiere. Aufgrund der Hygienebestimmungen entwickelte sie 2021 zur selben Thematik den „Silent Walk“. Als Wiederaufnahme ist er durch die Cammerspiele seit Oktober 2022 wieder zu erleben.
Die Künstlerin
Katharina Böbel ist Musikerin, Kulturwissenschaftlerin und Spaziergangsforscherin. Sie hat Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim, Kulturvermittlung in Marseille sowie Elementare Musik- und Tanzpädagogik in Leipzig studiert und entwickelt seit 2014 performative Spaziergangs- und Audiowalkformate (z. B. „Silent Walk“, „Über Morgen“ u. a.).
Zuletzt hat sie mit Studio Urbanistan an „Handy Talks“ mitgearbeitet und im Rahmen eines Residenzstipendiums zum Thema Baustelle und Störgeräusche geforscht und komponiert (Hellerau/Fonds Darstellende Künste). Neben ihrer Tätigkeit als Walking Artist ist sie als Community Musician und Kulturvermittlerin tätig. Sie ist Mitgründerin des Soundpainting-Ensembles Polli Morph (Leipzig).
Alle Informationen kompakt
„Schhh…!“ von Katharina Böbel ist zu erleben am Samstag, dem 10. Juni, Sonntag, dem 11. Juni, Freitag, dem 16. Juni, und Samstag, dem 17. Juni, jeweils 14.30 Uhr. Start ist am Portikus Bayerischer Bahnhof
Performance: Caroline Behr, Milena Benson, Katharina Böbel, Magdalene Gööck, Ching-Tien Lin, u.a.
Künstlerische Leitung: Katharina Böbel
Künstlerische Produktionsleitung: Marie Kraja
Ausstattung: Marie Kraja
Dauer: ca. 2,5 Stunden. Hinweis: Die Veranstaltung ist nicht barrierefrei und beinhaltet längere Fußwege. Wetterfeste Kleidung und gutes Schuhwerk werden dringend empfohlen.
Das Projekt wird gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR. In Kooperation mit dem Panometer Leipzig.
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