Friedrich Rückert verarbeitete den Scharlach-Tod seiner Kinder 1834 in einer Weise, die in der Literaturgeschichte ohne Beispiel ist: Er hinterließ eine Serie von 563 Gedichten, in denen er täglich immer wieder neu den Tod der Kinder beklagte – und zu bewältigen versuchte. Fünf dieser sogenannten „Kindertotenlieder“ vertonte Gustav Mahler in den Jahren 1901 und 1904.
Damit nahm er sich eines Themas an, das bis heute ein großes gesellschaftliches Tabu darstellt. Im Schauspiel Leipzig kommt es nun auf die Bühne.
Später, nachdem Gustav Mahler 1907 selbst den Tod seiner Tochter Anna-Maria beklagen musste, warf seine Frau Alma ihrem Mann diese Kompositionen vor: „Ich kann es wohl begreifen, dass man so furchtbare Texte komponiert, wenn man keine Kinder hat, oder wenn man Kinder verloren hat. Ich kann es aber nicht verstehen, dass man den Tod von Kindern besingen kann, wenn man sie eine halbe Stunde vorher, heiter und gesund, geherzt und geküsst hat!“
Annäherung an ein hochemotionales Thema
Friedrich Rückert und Gustav Mahler schufen in ihren „Kindertotenliedern“ beide auf ihre Weise so emotional berührende wie formal-ästhetisch verdichtete Werke. Sei es als Versuch einer Bewältigung und Verarbeitung durch Kunst, sei es als Kunstlied. Dem Wirken dieser Lieder, ihren Geheimnissen, ihren Bezügen zur Gesellschaft damals und heute, will sich der Abend im Schauspiel Leipzig widmen.
In Kooperation mit dem Gewandhaus zu Leipzig befragt die Regisseurin Konstanze Kappenstein die „Kindertotenlieder“ neu. Gespräche mit Familien im Markkleeberger Kinderhospiz Bärenherz bilden die Grundlage dieser musikalisch-szenischen Annäherung.
Die Regisseurin: Konstanze Kappenstein, 1983 geboren, wuchs in Bonn auf und studierte Regie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Seit der Spielzeit 2018/19 ist sie Hausregisseurin am Landestheater Detmold. „563“ ist ihre erste Arbeit am Schauspiel Leipzig.
Die musikalische Leitung und Konzeption von „563“ übernimmt der Leipziger Musiker Philip Frischkorn, der am Schauspiel Leipzig bereits an der musikalisch-chorischen Umsetzung von „Winterreise/Winterreise“ mitwirkte und zuletzt die musikalische Gestaltung für Enrico Lübbes Inszenierung „Das kalte Herz“ entwickelte.
Premiere für „563“ ist am Sonntag, dem 14. Mai, um 19.30 Uhr auf der Großen Bühne des Schauspiels Leipzig im Rahmen des Mahler Festivals Leipzig 2023.
Mit: Julia Berke, Thomas Braungardt, Anne Cathrin Buhtz, Johanna Ihrig, Klavier: Philip Frischkorn & Philipp Rumsch, Mitglieder des Gewandhaus-Kinderchors
Regie: Konstanze Kappenstein, Bühne: Franz Dittrich, Kostüme: Carolin Schmelz, Musikalische Leitung: Philip Frischkorn, Chorleitung: Frank-Steffen Elster, Dramaturgie: Benjamin Große, Licht: Ralf Riechert
Eine weitere Vorstellung gibt es am Mittwoch, dem 17. Mai, um 19.30 Uhr ebenfalls im Schauspiel Leipzig.
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