Die 32. euro-scene Leipzig findet vom 8. bis 13. November 2022 statt und zeigt 12 Produktionen unter anderem aus Belgien, Frankreich, Italien, Kongo, Mosambik und Ungarn, darunter drei Uraufführungen, vier deutsche Erstaufführungen und vier internationale Koproduktionen. Insgesamt beinhaltet das Programm des europäischen Tanz- und Theaterfestivals in diesem Jahr 32 Veranstaltungen.
Starchoreograf Jan Martens aus Flandern untersucht am 8. November um 19:30 Uhr im Eröffnungsgastspiel „Any attempt will end in crushed bodies and shattered bones“ mit seinen 17 Tänzer/-innen zwischen 17 und 70 Jahren, wie gemeinsames Handeln und politisches Aufbegehren für mehr Demokratie, Freiheit und Bürger:innenrechte funktionieren können. Auslöser für sein Stück waren 2019 die Straßenproteste für Freiheit in Hongkong sowie die gleichzeitig in Europa demonstrierenden Bewegungen von Gelbwesten, Extinction Rebellion und Wutbürger/-innen.
Mit den drei Stücken „Mentiras aplaudidas“, „The Ghosts are Returning“ und „Teatro Amazonas“ legt die euro-scene Leipzig erstmals einen Fokus auf außereuropäische und postkoloniale Perspektiven, wie Festivalleiter Christian Watty erläutert:
„Themen, denen wir lange keine Beachtung geschenkt haben, stehen heute ganz oben auf der gesellschaftlichen Agenda: die Sehnsucht nach mehr Respekt, Diversität und Gendergerechtigkeit, der Wunsch nach einem Ende von Ausgrenzung, Diskriminierung, Ausbeutung und Rassismus. Die Menschen im globalen Norden mit ihrem oft grenzenlosen Egoismus und vor allem wir in Europa sind aufgefordert, uns mit unserer kolonialen Vergangenheit und neokolonialen Gegenwart auseinanderzusetzen: mit dem langen Schatten der Unterdrückung und Dominanz, mit der Kolonisierung im Namen Gottes oder des Kapitalismus, die beide bereits Millionen Opfer gefordert haben und immer noch fordern.“
In der Uraufführung von „Mentiras aplaudidas“ lädt Choreograf Panaibra Gabriel Canda aus Mosambik dazu ein, andere Perspektiven auf die Geschichte der Zivilisation zuzulassen, indem er historische Narrative und Vorstellungen von Dominanz und Identität hinterfragt.
Auch die Musiktheaterproduktion „The Ghosts are Returning“ beschäftigt sich mit einer hochaktuellen Debatte: Die GROUP50:50, ein Kollektiv von Künstler/-innen aus dem Kongo, der Schweiz und Deutschland, erinnert an das Schicksal von sieben „Pygmäen“-Skeletten, die ein Schweizer Arzt 1952 aus dem Kongo nach Genf gebracht hat und die dort bis heute im Privatbesitz seiner Erbin lagern.
Außerdem kommt das chilenisch-spanische Regieduo AzkonaToloza dank einer Kooperation der euro-scene Leipzig mit der Schaubude in Berlin erstmals nach Deutschland: In ihrem Theaterstück „Teatro Amazonas“ untersuchen die Künstler/-innen die systematische Zerstörung des Amazonasregenwaldes, die seit über 500 Jahren andauert.
Dazu bietet die euro-scene Leipzig das zweitägige kostenlose Diskursprogramm „The time for denial is over“ an, das sich anhand von Kurzfilmen sowie Beiträgen von Expert:innen aus Afrika und Europa mit der Frage der Restitution von menschlichen Überresten und Kulturschätzen aus der Kolonialzeit auseinandersetzt.
Zwei weitere bemerkenswerte Gastspiele werden auf der Großen Bühne des Schauspiels Leipzig präsentiert: Das elektrisierende und preisgekrönte Tanzstück „Soul Chain“, das die Ikone der jungen Generation von Choreograf/-innen in Israel Sharon Eyal für tanzmainz choreografiert hat, sollte letztes Jahr den Festivalabschluss bilden, musste jedoch kurzfristig abgesagt werden.
Jetzt wird es mit zwei Vorstellungen am 9. und 10. November nachgeholt. Ebenfalls zweimal wird „My Land“ gezeigt: eine herausragende Produktion, die Zirkus und Tanz verbindet und aktueller nicht sein könnte. Sieben der besten Zirkusakrobat/-innen aus der Ukraine machen hier eine rasante, poetische und berührende Liebeserklärung an ihre Heimat, in die sie wegen des Kriegsausbruchs seit Februar nicht zurückkehren konnten (Aufführung am 11. November und Nachmittagsvorstellung am 12. November, mit besonders günstigen Tickets für Familien mit Kindern!).
Der beliebte Wettbewerb bei der euro-scene Leipzig wurde überarbeitet und neu konzipiert. Unter dem neuen Titel Ubuntu Connection ist ein Format entstanden, in dem 16 Künstler:innen aus den Genres Tanz und Neuer Zirkus, begleitet von einer Live-Band, an zwei Abenden nicht gegen-, sondern für- und miteinander in der Schaubühne Lindenfels antreten.
Zum Festivalabschluss wird zum ersten Mal eine Kooperation der euro-scene Leipzig mit dem Leipziger Ballett in der Oper Leipzig Premiere haben. Auf dem Programm steht ein Doppelabend von Maguy Marin, der wichtigsten Vertreterin des Tanztheaters in Frankreich, und dem Leipziger Ballettchef Mario Schröder.
Das Leipziger Ballett präsentiert mit Duo d’Eden (1986) und Große Fuge (2001) als erste deutsche Compagnie zwei Klassiker aus dem Werk der großen französischen Tänzerin und Choreografin und Mario Schröder komplettiert den Abend mit der Uraufführung eines neuen Stücks.
Das gesamte Programm, inklusive drei Aufführungen mit Audiodeskription und zahlreiche Veranstaltungen mit freiem Eintritt unter euro-scene sowie hier im Programmheft zum Download.
Die euro-scene Leipzig wäre ohne starke Partner und Unterstützer an Ihrer Seite nicht realisierbar. Wir danken vor allem unseren Hauptförderern: der Stadt Leipzig und dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus. Unser Dank gilt auch dem Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, der die Schirmherrschaft der euro-scene Leipzig übernimmt.
Tickets unter www.euro-scene.de, an der Festivalkasse im IntercityHotel (Tröndlinring 2, 04105 Leipzig), unter 0341 217 16 48 (Ticket-Hotline) sowie an allen Vorverkaufsstellen, die mit eventim verbunden sind.
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