„Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch“ wusste schon Goethe. Dass das aber für manche gar nicht so einfach zu verstehen ist – vor allem, wenn Leo plötzlich Jennifer heißt – davon erzählt das neue mobile Stück des Theaters der Jungen Welt „Der Katze ist es ganz egal“, das am 13. Januar Premiere feiert. Nach „Klein“ ist es die zweite Zusammenarbeit mit dem Klett Kinderbuch Verlag.

Während Jennifer ihren neuen Namen wunderschön findet, sind die Erwachsenen in höchstem Maße verwirrt. Ein Junge, der auf einmal ein Mädchen sein will? Dabei ist Jennifer gar nicht jemand anderes als früher. Sie ist nur einer Verwechslung auf die Spur gekommen.

Das 2020 im Klett Kinderbuch Verlag erschienene Buch der Wiener Autorin Franz Orghandl erzählt unverkrampft und direkt davon, wie wichtig es ist, zu sich selbst zu finden. 2021 wurde Orghandl für ihre Geschichte mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet.

Mit der Uraufführung des Kinderbuchs greift das TDJW konkret die Fragen „Wer bin ich?“ und „Wer möchte ich sein?“ auf, die sich durch die aktuelle Spielzeit „All In“ ziehen. Nach einem Spielzeitstart mit acht Ensembleprojekten rund um verschiedene Facetten des „Ichs“, liegt nun in der zweiten Spielzeithälfte ein Schwerpunkt auf der Verhandlung von Genderidentitäten in verschiedenen TDJW-Projekten und -Inszenierungen.

In ihrer Umsetzung von Franz Orghandls Geschichte überträgt Regisseurin Katja Lehmann den Inhalt auch auf die Form der Inszenierung. Während sich die Protagonistin Leo/Jennifer damit beschäftigt, wie sie sich selbst sieht und wie hingegen ihr Umfeld auf sie blickt, wird auch die Wahrnehmung des Publikums spielerisch herausgefordert. Die direkte Live-Begegnung verschmilzt mit dem Digitalen.

Leo/Jennifer tritt live im Klassenzimmer bzw. der Bühne auf – vor einem Greenscreen. Parallel dazu entsteht auf einem Bildschirm ein Live-Film, der die Greenscreen-Aufnahmen mit Videoaufzeichnungen und gezeichneten virtuellen Hintergründen kombiniert. Leo/Jennifer trifft auf diese Weise auf ihre Eltern, Großeltern und Freund/-innen. Alle Rollen werden von Schauspieler Sven Reese dargestellt, der stets auch in seiner Funktion als Schauspieler präsent ist und zwischen Erzählen und Verkörpern wechselt.

„Das Konzept der Inszenierung hängt ursächlich zusammen mit dem Inhalt der Geschichte, mit den Stufen von Leo/Jennifers Entwicklung und dem Entdecken ihrer Identität“, erklärt Dramaturg Florian Heller, „Das Spiel mit den Ebenen erlaubt uns, verschiedene Formen von Nähe und Distanz zu schaffen und somit eine theatrale Umgangsweise mit dem Thema Gender-Identität zu entwickeln.“

Die Figuren auf dem Bildschirm sind bewusst überzeichnet, die Kostüme (Jana Kuhlemeier) erinnern an Comiczeichnungen. Szenerien und Objekte entstehen durch die Zeichnungen der Illustratorin Verena Herbst – schnelle Striche in schwarz/weiß, flüchtig wie mentale Bilder.

„Alles, was wir auf dem Bildschirm sehen, ist abstrahiert, denn wir tauchen in Leo/Jennifers Gedankenwelt ein und sehen die Geschichte aus ihrer Sicht“, erklärt Florian Heller. „Ihre Vorstellungswelt nimmt Gestalt an und wir erleben, wie sie die Welt um sich herum wahrnimmt. Diese gezeichnete Welt bietet dadurch auch viele Freiheiten – wir können mit Fantasie spielen und Träume zu Bildern werden lassen.“

Neben der digital-analogen Inszenierung ist „Der Katze ist es ganz egal“ auch in einer weiteren Hinsicht eine hybride Produktion. Denn sie kann entweder als Klassenzimmerstück oder als digitales Live-Theaterstück über Zoom gebucht werden, bei dem aus dem Theaterhaus in die Klassenzimmer oder ins Homeschooling gestreamt wird. Diese Option erlaubt es den Schulen, trotz der aktuellen Pandemiesituation und schnell wechselnden Umständen eine Theatervorstellung für Klassen zu planen.

Bearbeitet und inszeniert hat „Der Katze ist es ganz egal“ Regisseurin Katja Lehmann. Sie ist an verschiedenen Theatern im deutschsprachigen Raum tätig, u. a. am TAG Wien, am Dschungel Wien und am HAU in Berlin. Außerdem arbeitet sie als Regisseurin für Dokumentar-, Ausstellungs- und Imagefilme und ist Geschäftsführerin der Filmproduktionsfirma Media Bricks. Am TDJW hat sie bereits bei den Produktionen „Schwarze Jungfrauen“ (2009), „Timm Thaler“ (2010), „Werther“ (2010) und „Das Marstraining“ (2013) (Ko-) Regie geführt.

Die Vorstellungen in den Schulen finden selbstverständlich unter Einhaltung der geltenden Maßnahmen zum Schutz vor COVID-19 statt.

Schulvorstellungen können telefonisch oder per E-Mail gebucht werden. Der Besucherservice ist Mittwoch bis Freitag von 11 bis 18 Uhr sowie vor jeder Veranstaltung erreichbar unter Tel. 0341 486600 oder kontakt@tdjw.de.

„Der Katze ist es ganz egal“, Hybrides mobiles Theaterstück nach dem Kinderbuch von Franz Orghandl. Premiere: 13. Januar 2022. Nächste Termine (buchbar für Schulklassen): 14., 25. und 26. Januar sowie 2., 3., 8. und 9. Februar.

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