Die Inzidenzzahlen sind endlich gesunken. Auch das Schauspiel Leipzig kann wieder zu Präsenz-Veranstaltungen einladen. Und am Donnerstag, 24. Juni, gibt es in der Spielstätte Residenz gleich eine Premiere, die die durchaus bedrohlichen Entwicklungen der Gegenwart in einem echten Klassiker spiegelt: George Orwells „1984“, eine Dystopie, die 1984 nicht eintrat. Aber was passiert heute?
1984: George Orwells dystopische Vision ist nicht eingetreten, aber die Angst vor einer nuklearen Katastrophe durchdringt den Alltag und ein Ende des Kalten Krieges ist nicht in Sicht. In ihrer neuen Performance reisen Gob Squad zurück in eine Vergangenheit, in der sie einander noch nicht kannten, zurück in die „gute, alte Zeit“, in der das Leben analog und einfach war, bevor technische Entwicklungen wie das Internet die Welt für immer veränderten. Zurück in das Jahr, das später als das „beste Jahr der Popgeschichte“ bezeichnet wird.
1984 begegnen Gob Squad sich selbst als Kinder, Teenager und junge Erwachsene, die versuchen sich und ihre Zukunft zu gestalten. Sie verfassen Briefe an Diktatoren, schreiben ihr eigenes Computerprogramm auf dem ersten PC und lernen erst durch die Fernsehbilder, dass sie anders sind als die Menschen um sie herum.
Gob Squad werfen einen wehmütigen Blick auf eine Zeit voller Hoffnung, die Welt zu verändern – eine Zeit, in der sie auf der Suche waren nach ihrer Identität, ihrer Zukunft und ihrer eigenen Geschichte. Während die Performer/-innen in ihren Kinder- und Jugendzimmern die Puzzleteile ihrer Vergangenheit zusammensetzen und sich bemühen, die Welt aus der Perspektive von damals mit dem Wissen von heute zu verstehen, zieht sie die Musik immer wieder in eine psychedelisch-virtuelle Welt aus Projektionen und körperlosen Avataren.
Konstant überwacht, stoßen sie auf ihre eigenen Datenspuren und machen sich auf die Suche nach den Codes ihrer binär strukturierten Welt. Hatten diese jungen Menschen ihre Körper und ihr Schicksal wirklich selbst in der Hand? Lag die Kontrolle bei ihnen oder folgten sie vorgefertigten Schablonen und fremden Plänen? Lässt sich die eigene Geschichte und die Narration, die daraus entstanden ist, neu programmieren oder zumindest mit anderen Augen sehen? Was wäre, wenn …?
In „1984: Back to No Future“ wird das Publikum zum Zeugen eines Experiments zwischen performativer Science Fiction und imaginierter Zeitreise, in der Alltagsleben und Magie, Banalität und Utopie sowie Realität und die Sehnsucht nach Pop und Entertainment in einem Kollisionskurs direkt aufeinandertreffen. Gob Squad versuchen, aus der Vergangenheit heraus neue Perspektiven zu entwickeln auf das, was vor uns liegt. Nicht weniger als die Zukunft selbst steht auf dem Spiel.
In einer Recherchephase für die Produktion fanden vier Residenzen in Bangalore/ Mumbai (Indien), Leipzig (Deutschland), New York (USA) und Shanghai (China) statt, um die Perspektiven und Narration zu erweitern.
1984: Back to No Future: Premiere am 24. Juni, 20 Uhr, in der Residenz Schauspiel Leipzig
Weitere Vorstellungstermine: 25. bis 29. Juni, jeweils 20 Uhr
Eine Produktion von Gob Squad. In Koproduktion mit HAU Hebbel am Ufer Berlin, The Public Theater NY (USA), Schauspiel Leipzig, Anuja Ghosalkar / Drama Queen & Goethe-Institut/Max Mueller Bhavan Mumbai (Indien), HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden, Teater Momentum Odense und Sort/Hvid Kopenhagen (Dänemark).
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Keine Kommentare bisher