Vom 5. bis 7. Juli findet in Leipzig das Louis Braille Festival statt – das europaweit größte Treffen der Blinden- und Sehbehinderten-Selbsthilfe. Es wird mit mehr als 3.000 blinden und sehbehinderten Besuchern gerechnet. Und einige werden sich ganz bestimmt auch auf den Weg in den Westflügel machen. Denn am Westflügel Leipzig findet erstmals in Deutschland Figurentheater mit Live-Audiodeskription statt und ermöglicht es so, blinden und sehbehinderten Menschen diese Theatergattung neu erlebbar zu machen.

Aufgeführt wird die Produktion „Sibirien“ von Wilde & Vogel, eine poetische Auseinandersetzung mit landschaftlicher Grenzenlosigkeit und zugleich ein immer wieder humorvolles Spiel mit Einsamkeit.

Die Audiodeskription von „Sibirien“ ist eine besondere Herausforderung, da es nicht – wie das Literaturtheater – von Sprache und Dialog lebt, sondern viele leise, bildnerische und erratische Momente enthält, deren „Sichtbarmachung“ mittels beschreibender Erläuterung immer wieder auch die Nähe zur bildnerischen Interpretation darstellt. Die Livemusik von Charlotte Wilde bildet dabei einen zusätzlichen, eigenständigen Zugang zum Kosmos dieses Stückes. Eine persönliche Bühnenbegehung ab 90 Minuten vor Beginn der Aufführung ist Teil des Angebots.

Worum geht es in dem Stück „Sibirien“ des Figurentheaters Wilde & Vogel aus Leipzig und in der Regie von Christiane Zanger?

Die landschaftliche Grenzenlosigkeit Sibiriens, seine Leere, seine Kälte und vermeintliche Lebensfeindlichkeit wird zur Metapher, und diese zum Gegenkonzept westlicher Konsumwelt. In der Einsamkeit, im inneren Sibirien, beginnt das Unberechenbare. Dort, wo es jeder mit sich selbst zu tun bekommt, wo nichts ablenkt, bekommen Lebensfragen besondere Dringlichkeit. Womit verbringen wir unsere Zeit? Was erhalten wir aufrecht, wenn niemand uns beobachtet? Wonach sehnen wir uns? Was überfällt uns in der Leere?

Inspiriert von eigenen Reiseerlebnissen und Dichtern mit „Sibirien-Erfahrung“ entstand im Sommer 2015 ein musikalisches Universum, in dem mit Fäden, Fragmenten und Figuren die menschliche Existenz befragt wird. Eine Theater-Expedition, die an brisante Orte führt, Emotionen weckt und klarmacht, dass es ein fast unwirklich großes Glück ist, ausgerechnet dort, im gefühlten Sibirien, jemanden zu treffen, mit dem zu teilen ist, was man erkennt, was man fürchtet und was man liebt.

Das Spiel geht mit ungebrochener Reiselust und frei nach Ossip Mandelstam über das Ende hinaus: „Nur noch Sterben – und dann noch: der Sprung auf das Pferd.“

Es gibt nicht nur die Live-Audiodeskription von Sofia Flesh Baldin (Text: Rebecca Mühlich & Team), sondern auch das Angebot einer Bühnenbegehung 90 min vor Vorstellungsbeginn.

Aufführungen gibt es im Westflügel Leipzig (Hähnelstraße 27) am Freitag, 5. Juli, und Samstag, 6. Juli, jeweils 21 Uhr. Die Bühnenbegehung beginnt 19:30 Uhr.

Am Sonntag, 7. Juli, beginnt die Aufführung 18 Uhr, die Bühnenbegehung startet dann ab 16:30 Uhr.

Karten: 10,- / 15,- / 20,- Euro, Onlinekartenkauf über www.westfluegel.de, Reservierung: service@westfluegel.de oder| Tel. (0341) 260 90 06 (Mailbox)

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