Mirko Mahr hat ein neues „Carmen“-Ballett choreographiert und gemeinsam mit dem Dirigenten Tobias Engeli eine neue Partitur zusammengestellt. Diese „Carmen“ bezieht sich auf den traditionellen Stoff und verwendet mehrere Vertonungen. Junge Leute ab 12 Jahren sind im Publikum gefragt.
Mirko Mahr ist optimistisch, denn mit „Romeo und Julia“ war ein Erfolg gelungen, sein vorheriger „Aschenputtel“-Abend hat schon rund 50 Vorstellungen erlebt. Allesamt in ihren Versionen Uraufführungen, Zielgruppe: sozusagen ganz junge Jugendliche. Der schnelle Erfolg überraschte dann trotzdem, neue Vorstellungstermine wurden angesetzt. „Romeo und Julia“ begeisterte Schüler und Lehrer erfreuten sich an begeisterten Schülern. Da schwärmte eine Lehrerin auch davon, dass die jungen Tanztheaterfans vorm Vorstellungsbesuch mit den Solisten sprechen konnten.
Acht Damen und Herren und sieben Herren hat Mirko Mahrs Ballett-Company, 25 des Chors sind bei der „Carmen“ mit dabei. Frank Schmutzler entwarf ein Bühnenbild aus großen Toren und macht die Bühne zur Arena mit Flucht- und Begrenzungsmöglichkeiten.
Junge Leute auf der Bühne, noch jüngere im Saal
Dann stehen in Kürze drei Ballettabende auf dem Spielplan der Musikalischen Komödie. Was vor über zehn Jahren begann, als Mirko Mahr Ballettdirektor der Musikalischen Komödie wurde und mit „Dancing Movies“ erstmals in diesem Haus und mit dieser Truppe einen kompletten Ballettabend zeigte, hat eine interessante Entwicklung genommen: „Ihr habt so viel junge Leute im Saal!“, so sollen schon Theaterleute von anderswo in Leipzig gestaunt haben“. Hier ist das normal. „Es sind ja viele Zuschauer dabei, die zum ersten Mal in ihrem Leben Ballett sehen“, weiß Mirko Mahr und sieht auch schon die Hoffnung bestätigt, dass viele dann wiederkommen.
Eine neue Welt hinter den Kulissen
Im besten Sinne „normal“ ist in Leipzigs Musikalischer Komödie nichts, das Haus gehört zur Oper Leipzig und stand seit Jahrzehnten immer mal wieder zur Debatte, wenn Kultur, Kunst und Immobilien nach Besucherzahlen, Einnahmen, Tarifen und Effizienz sortiert worden sind.
„Kultig. Herzlich. Original“, so steht es an einer neuen Fassade in der Dreilindenstraße und einer neuen Außenwand der Musikalischen Komödie, die es bis vor kurzem gar nicht gab. Ein Neubau wurde für Garderoben-, Proben- und Fundusräume errichtet mit einem haushohen Glas-Schaufenster am Treppenhaus. Noch muss man von Bühneneingang und Zuschauerhaus durch die alte Keller-Welt gehen, um in den Neubau zu gelangen.
In Vorfreude auf neue Arbeitbedingungen gab es in den alten Kellergängen zwei Mal zu Halloween abenteuerlich-gruslige Extra-Touren, die diese Welt hinter und unter den schönen Bühnen- Kulissen in ihrer ganzen Traurigkeit zeigten. Da musste einfach etwas geschehen. Für Halloween wird sich künftig bestimmt noch eine andere Umgebung finden lassen.
Trainierte und probierte das Ballett bisher meistens im Opernhaus, war das nun schon in den neuen Räumen möglich. Zum Garderoben- bzw. Bürobesuch empfängt Mirko Mahr in der alten und neuen Musikalischen Komödie und freut sich. Gerade noch verteilte er nach der Probe zu „Carmen“ Anweisungen für das Team, Feinheiten, Details, Varianten. In ein paar Tagen ist Premiere. Seit 1985 gehört Mirko Mahr zum Leipziger Ensemble, als Tänzer war er viele Jahre in der Company von Uwe Scholz und trat schon lange mit eigenen Choreografien in Erscheinung.
„Carmen“-Musik in neuem Gewand
Nach den gelungenen Produktionen „Aschenputtel“ und „Romeo und Julia“ speziell für junge Leute wollte auch die Opernintendanz in dieser Richtung weiterarbeiten, und so dachten alle Beteiligten schnell an den Carmen-Stoff, der nun in einer abendfüllenden neuen Version auf die Bühne kommt.
Auf den Notenpulten des Orchesters liegen neu angefertigte Partituren. „Es wird auch mit der „Carmen“-Ouvertüre losgehen“, kündigt Mirko Mahr an. George Bizets Oper und Rodion Shchedrins, auch Schtschedrin geschrieben, Ballett-Suite bilden das musikalische Material. Eine neue musikalische Fassung, neu hergestellte Partitur, das muss man ja erst einmal wollen. Mit dem Kapellmeister Tobias Engeli gibt es nach Stephan Diederich nun den zweiten Musik-Chef der MuKo, der so etwas auch mitmachen wollte! Und natürlich ist die Musik live, wie das normal ist in Leipzigs Musikalischer Komödie, Kapellmeister Tobias Engeli dirigiert das hauseigene Orchester.
Eine Provokation: Carmen
„Ein Sujet, beinahe wie eine griechische Tragödie“, bescheinigt man der „Carmen“-Story.
„Freigeist Carmen, Urbild der starken, unabhängigen Schönheit ist eine Provokation“, schreibt die Operndramaturgie im Werbetext, „die Gesellschaft kann nur mit bedingungsloser Hinwendung oder gnadenloser Ablehnung reagieren“. Zum Glück ist diese „Carmen“ nur eine Theaterfigur und das Publikum kann sich an diesem Abend nach eigenem Ermessen mehr oder weniger entweder zurücklehnen, anregen oder aufregen lassen. Man muss auch nicht erst nach Sevilla reisen, wenn die Welt im Kleinen in der Dreilindenstraße in Lindenau zu besichtigen ist.
Annelies Bindley tanzt die Carmen, seit zwei Jahren ist sie im Ensemble, Darsteller des Don Jose ist Tom Bergmann, der schon als Romeo brillierte, neu in der Truppe ist Özgür Tuncay, nun als Stierkämpfer Escamillo zu sehen.
„Und die Werbe-Postkarte?“ fragt Mirko Mahr beim Fototermin. „Da steht zwar ‚Carmen’ drauf, aber sie selbst ist nicht zu sehen! Das wollte ich so haben. Carmen ist nicht da. Nur ihre Schuhe liegen da und der rote Schal! Das sind die Beweismittel.“
Frage da noch jemand, ist Carmen nun eine Spanierin, eine Französin? Sie ist eine Zigeunerin! Sagen wir mal, von allem etwas. „Muss Carmen schwarzhaarig sein?“, fragt Mirko Mahr, „bei uns ist sie blond. Zumindest die Darstellerin, Annelies Bindley, eine blonde Australierin!“
Logische Frage zum Schluss: Wie geht es mit den Muko-Ballett-Abenden nach „Carmen“ weiter. „Weiß ich nicht.“, sagt Mirko Mahr, und man hört ihm an, dass er natürlich Ideen und Pläne hat.
Toi, toi, toi für die neue Leipziger „Carmen“ ab Freitagabend in der Musikalischen Komödie!
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