Bereits 1928 - also in dem Jahr der Erstaufführungen der Dreigroschenoper - war das Stück ein Erfolg. 100 Aufführungen bis Jahresende, 400 Aufführungen und 200 Inszenierungen allein bis 1929 - allein in Deutschland. 1931 wurde der Stoff verfilmt. Bis 1933 erfuhr das Stück 10.000 Aufführungen europaweit. Die Kritiken fielen insgesamt positiv aus. Wintersaison 2015 / 2016 in Leipzig - wieder einmal erweist sich Brechts Stück als Glücksgriff.
Die „Dreigroschenoper“ ist in Leipzig keine Unbekannte
Philip Tiedemann ist Regisseur. Der aus Gießen stammende Theatermann brachte schon 2011 im Chemnitzer Theater das Brecht-Weill-Stück nach der englischen Vorlage der „The Beggar’s Opera“ (zu deutsch: Bettleroper) auf die Bühne. Brecht scheint immer wieder ein Liebling des Theaterregisseurs zu sein. 2000 nahm er sich die „Kleinbürgerhochzeit“, 2007 „Trommeln in der Nacht“, 2008 „Der gute Mensch von Sezuan“ vor. 2012 brachte er „Mir fällt zu Hitler nichts ein“ in Berlin, dann 2014 in Wien, dem Publikum nahe, „Happy End“ in Heidelberg. Tiedemann selbst hatte aber bereits 2002 seinen Einstand am Leipziger Schauspiel mit dem Stück „Spiel“ von Samuel Beckett gegeben.
Seit seiner Premiere 2013 ist die „Dreigroschenoper“ unter seiner Federführung bereits den Leipziger Theatergästen keine Unbekannte im Spielplan des Theaterhauses in der Bosestraße. Bertolt Brechts und Kurt Weills ureigene Analyse der Marktgesetze inszenierte Philip Tiedemann laut dem Leipziger Schauspiel als zutiefst theatrale Typenkomödie, die Spielfreude und Lust an der Zuspitzung in den Vordergrund stellt.
Vom Londoner Barock zur Neuen Sachlichkeit Berlins
Wer besonders lange Theatergänger war, hat wahrscheinlich die Uraufführung des wohl erfolgreichsten Stücks der Zwanzigerjahre gesehen. Die fand 1928 in Berlin statt. Was den damaligen Kritikern schon bekannt war, Brecht bediente sich wegen den 1926 von seiner Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann ihm aus London zugetragenen Presseberichten über die “Beggars Opera” aus dem 18. Jahrhundert. 1728 führte John Gay die „Beggars Opera“ in London erstmals auf. Sein Stück bezieht sich auf eine Londoner Räuberbande, deren Anführer Jonathan Wild war. Er wurde 1725 hingerichtet. Gays Stück wurde bis 1920 über 1.000 Mal in Großbritannien aufgeführt, und dürfte allein deshalb wohl zu den erfolgreicheren britischen Theaterinszenierungen gelten. In Deutschland war es gänzlich unbekannt.
Knapp zweihundert Jahre später nahm Brecht das Stück, ließ das Libretto ins Deutsche übersetzen, entrümpelte das Ganze vom Geschichtsmief und peppte alles mit Jazz, Foxtrott, Tango und traditioneller Musik auf. Den Erfolg des ursprünglichen Stücks ließ er unter den Tisch fallen. In der Weimarer Zeit geriet es zu den Glanzpunkten der damaligen Theaterwelt.
Doch Brecht verstand nicht, dass das Publikum ihn nicht verstand. Es war etwas völlig Neues. Die Mischung aus Theater und Gesangsteilen, heute Musical genannt, wurde von den Zeitgenossen schnell als Opernparodie erkannt, sogar von einer „Dreigroschenoperette“ war damals die Rede. Für die Leute war das Stück einfach nur ein großer Spaß.
Brechts Botschaft jedoch war eine andere: Zwar spielt sein Stück im viktorianischen England, doch seine Satire richtete sich gegen die privilegierten Vertreter der von ihm für unmenschlich gehaltenen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft der Weimarer Republik, die auch im Zuschauerraum saßen. Für Brecht war das Stück auch ein Paradebeispiel für seinen Begriff des „Epischen Theaters“. Nicht die Realitätsflucht ist bestimmend in seinen Stücken, sondern die Erziehung des Publikums zur kritischen Reflexion bestehender gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse.
Ein Stück mit Musik in einem Vorspiel und acht Bildern von Bertolt Brecht
Nach John Gays „The Beggar’s Opera“
Ãœbersetzt aus dem Englischen von Elisabeth Hauptmann
Musik von Kurt Weill
Premiere: 31. Dezember 2013
Spieldauer: 2:30, eine Pause
Was: Die Dreigroschenoper
Wo: Schauspiel Leipzig
Wann: 11. Februar um 19 Uhr (mit Stückeinführung im Rangfoyer)
Eintritt: ab 17 EUR (Platzgruppe 4) bis 40 EUR (Platzgruppe 1)
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