Das Werk gehört in der Vorweihnachtszeit seit Jahren fest zum Spielplan der Oper Leipzig. Ralf Nürnbergers Inszenierung der "Zauberflöte" feiert diesen Herbst zwar schon ihren 11. Bühnengeburtstag. Der Mozart-Klassiker verzaubert aber nach wie vor Groß und Klein, wie die Wiederaufnahme am Samstag bewies.
Nürnberger verpackt das Mozart’sche Spätwerk in einer kindgerechten Bilderbuchoptik, die für Kenner kleine Anspielungen auf die Freimaurerei vorhält. Mozart war schließlich überzeugter Anhänger des Geheimbunds, wovon auch das Libretto seines Freundes Emanuel Schikaneder zeugt, der gleichfalls der Freimaurerei verfallen war. Das Bühnenbild aus den Händen von Panometer-Betreiber Yadegar Asisi besteht in weiten Zügen aus Prospekten, die den Zuschauer weite Raumtiefen und den Einsatz großer Bauten vorgaukeln, aber schnelle Szenenwechsel ermöglichen.
Der Regisseur begreift die Handlung als einen Traum Taminos. Der Prinz (Sergey Pisarev) fällt während der Ouvertüre in einen tiefen Schlaf. Eine Schlange, ein metallernes Ungetüm, greift den Jüngling an. Die drei Damen (Marika Schönberg, Sandra Maxheimer, Sandra Fechner) eilen Tamino zu Hilfe.
Während die Retterinnen die Königin der Nacht (Mari Moriya) über die Ankunft des Unbekannten informieren, taucht Vogelfänger Papageno (Jonathan Michie) auf, der sich als charakterlicher Gegenentwurf zu dem mutigen und klugen Tamino entpuppt. Die Königin befiehlt dem ungleichen Duo, ihre Tochter Pamina (Eun Yee You) aus den Fängen des weisen Sarastro (Milcho Borovinov) zu befreien. Zauberflöte und Glockenspiel sollen Tamino und Papageno bei ihrer gefährlichen Mission unterstützen.
Ralf Nürnberger visualisiert die Geschichte als heiteres Potpourri aus europäischer und fernöstlicher Kultur. Tamino erscheint im gelben Samtgewand eines Märchenkönigs, den Sergey Pisarev mit russischem Dialekt spricht und durchwachsener Leistung singt. Papageno tritt als Clown im roten Jägerdress auf. Eine Paraderolle für den jungen Bariton Jonathan Michie, der an diesem Abend mit einer herausragenden Darbietung brilliert. Stark auch Mari Moriyas Auftritt der Königin der Nacht, die Nürnberger als Geisha deutet. Für ihre stimmlich hinreißende Interpretation der berühmt-berüchtigten Rachearie erntet die Japanerin verdienten Szenenapplaus.
Eun Yee Sou verzückt die Operngänger in der Pamina-Partie mit ihrem betörend warmen Timbre. Milcho Borovinov gibt einen sonoren Sarastro. Den Antagonisten und seine Anhänger deutet Nürnberger als graue Herren in Nadelstreifen und Zylinder. Fehlen nur noch die Zigarren, um auf der Bühne vollends Michael Ende zu zitieren. Martin Petzold singt Monostatos so grundsolide, wie Matthias Foremny das Gewandhausorchester dirigiert. Eine glamouröse Mozart-Gala ist dieser Abend freilich nicht. Das Publikum im rappelvollen Opernhaus ist dennoch höchst zufrieden. Jung und Alt spenden den Mitwirkenden anhaltenden Schlussapplaus.
Oper Leipzig
Die Zauberflöte
Wolfgang Amadeus Mozart
Nächste Termine: 18.12., 25.02., 11.03.
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