Das Leipziger Ballett hat an diesem Wochenende mit französischen Chansons die Zeit im Interim Spiegelzelt auf dem Augustusplatz beendet. Fünf Choreographen hatten auf verschiedenen Wegen den Stücken Farbe, Bilder und intensiven Ausdruck verliehen. Ein Höhepunkt war eine Anspielung auf den Roman "Das Parfum" von Patrick Süßkind. Eva Lombardo webte nach der Pause über den postmodernen Klassiker den roten Faden zwischen den Chansons.
Die Aufführung begann, bevor sie eigentlich startete. Die Schauspieler gehen durch die Reihen. Ein Zuschauer wird direkt angesprochen: “Pardon, Monsieur, pardon!”. Bevor dieser reagieren kann, ist der Mann im schwarzen Anzug wieder weg. Es ist der Anfang eines vielfältig überraschenden Abends, der mit zweieinhalb Stunden lang, aber kurzweilig ist. Fünf Choreographen hatten sich an französische Chansons herangewagt. Bruno Bouché, ausgebildet an der Ballettschule der Opéra National de Paris, wählte Stücke, die sich der Beziehung zwischen Intimität und Politik widmen. Das wird besonders im Stück “Les p´tits papiers” deutlich, in dem die Tänzer ihr bestes geben, einen Beamten zu beeindrucken. Edith Piaf wird vom Band mit “Non, je ne regrette rien” eingespielt. Die auch dargebotene deutsche Fassung macht deutlich, dass zur Wirkung der Chansons eben auch die Sprache gehört, Übersetzungen sind immer auch Deutungen, die nicht an das Original herankommen.
So bleibt es dem Ballett überlassen, die Übersetzungsarbeit zu leisten. Das gilt auch dort, wo der zweite Pariser Choreograph im Team, Martin Chaux, die Tänzer mit tiefsinnigen erotischen Anklängen von der Liebe erzählen lässt. “Je táime, moi non plus” von Serge Gainsbourg hatte seinerzeit für einen Skandal gesorgt. Skandale auslösen ist heute schwieriger geworden. Doch der laszive Unterton mit extremen sexuellen Andeutungen sorgt für dichte Aufmerksamkeit im Publikum.
Eva Lombardo, an der Accademia Nazionale di Danza in Rom ausgebildet, hat verschiedene Chansons der jüngeren Zeit von Carla Bruni und Coeur de Pirate ausgewählt. Verbunden sind diese mit einem Chanson aus dem Film “Die fabelhafte Welt der Amelie”. Die Tänze sind zur Geschichte verbunden. Während die Damen tanzen, werden sie nacheinander ermordet und sorgfältig im Hintergrund gestapelt. Der Mörder füllt den Todesschweiß in ein Fläschchen.
Bjarte Emil Wedervang Bruland aus Oslo wählte drei Lieder von Jacques Brel aus. “Les Paumés du petit matin”, “Au suivant” und “La Biène”. Jean-Phillippe Dury wählte Stücke des gleichen Komponisten: “Madeleine”, “Ne me quitte pas”, e tango funèbre”, “Jojo” und “La Valse”.
In allen Stücken des Abends scheint die ganze Welt der Gefühle auf, von Gewalt und Hass bis hin zur intimen Liebe. Mittendrin gibt es auch die Stille, jenes Nichts, dass in der heutigen Welt so oft fehlt, aber doch nötig ist, um neu zu entdecken, was im Chaos der Worte unterzugehen droht – l´amour.
Vorstellungen sind noch am Samstag, 24.10. und Sonntag, 25.10., 20 Uhr.
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