"La Cage aux Folles" erzählt eine Geschichte über Anderssein und Toleranz. Wenngleich die Welturaufführung von Jerry Hermans Musical über drei Dekaden zurückliegt, ist die Botschaft ungebrochen aktuell. Am Samstag feierte der moderne Klassiker in der Musikalischen Komödie eine umjubelte Premiere.
Georges (Milko Milev) betreibt in St. Tropez den erfolgreichen Nachtclub “La Cage aux Folles”. Hauptattraktion ist sein Lebensgefährte, der Travestie-Künstler Albin (Patrick Rohbeck). George’s Sohn Jean-Michel (Jeffery Krueger), Ergebnis eines einmaligen Seitensprungs, möchte die Politiker-Tochter Anne (Verena Barth-Jurca) heiraten.
Ihr Vater, der erklärte Schwulenfeind Edouard Dindon (Michael Raschle), wird der Ehe jedoch erst seinen Segen geben, wenn er Jean-Michels Eltern kennengelernt hat. Der Plan: Georges soll den Dindons für eine Nacht mit Jean-Michels leiblicher Mutter eine heterosexuelle Beziehung vorgaukeln, während Albin abtaucht. Das ist mit dem zartbesaiteten Transvestiten jedoch nicht zu machen.
Der Italiener Giorgio Madia transportiert das Stück auf der Metaebene vom warmen St. Tropez ins leicht unterkühlte Sachsen, wo evangelikale Fanatiker Anfang des 21. Jahrhunderts nach wie vor nicht kapieren wollen, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen etwas völlig Normales auf dieser Welt sind. Demonstrativ ergötzt sich Edouard an dem XXL-Kruzifix, das in fahlem Grau in Georges’ Wohnung von der Decke hängt.
Der gelernte Choreograf hält dem Publikum den Spiegel vor’s Gesicht. In bester Achtziger-Ästhetik (Ausstattung: Cordelia Matthes) inszeniert Madia seine “Cagelles” als etwas Exotisches. Weite Teile des ergrauten Publikums fallen auf den Clou herein, indem sie sich applaudierend den Darbietungen dunkelhäutiger Männer in Stringtangas hingeben.
Les Cagelles & Ballett der MuKo. Foto: Ida Zenna
Patrick Rohbeck beweist als Albin seine geballte Wandlungsfähigkeit. Milko Milev gibt einen rührseligen Georges, Jeffery Krueger den braven Bub. Michael Raschle gefällt in der Rolle des narzisstischen Anzugträgers, während Verena Barth-Jurca als Tochter Anne auffällig unauffällig bleibt.
Chefidirigent Stefan Diederich hat am Pult erkennbar seine Freude mit Hermans eingängigen Swing- und Jazz-Rhythmen, die punktuell ins Schlagerhafte übergehen. Dialoge und Songs laden das Ensemble zu humorigen Glanztaten ein.
Madia bedient sich inszenatorisch sowohl im Repertoire des französischen Cabaret, aber auch bei der amerikanischen Sitcom. Wenn Albin in der Revue mit dem Publikum interagiert oder die Dindons zum Kennenlern-Besuch eintreffen, bleibt kein Auge trocken.
Natürlich weist der Abend auch Schwächen auf. Das auffällige Rosa in Georges’ Nachtclub bedient jedes Klischee. Die deutschen Songtexte sind stellenweise viel zu hölzern. Gloria Gaynors Soul-Interpretation des Showstoppers “I am what I am” hört sich im Textfluss tausendmal besser an als das abgehackt erklingende “Ich bin was ich bin”. Das Premierenpublikum störte sich nicht an solchen Winzigkeiten. Mitwirkende und Team ernteten tosenden Applaus.
Musikalische Komödie
La Cage aux Folles
Nächste Termine: 31.3., 11.4., 12.4.
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