Nur mal kurz die Welt retten. Das ist die schier unlösbare Aufgabe, mit der sich Teenager Jakob unverhofft konfrontiert sieht. "Teil dich oder fress dich" heißt die Stückentwicklung rund ums Thema Mathematik, die bis Ende April im Theater der Jungen Welt zu sehen ist. Eine amüsante Kopfrechenkomödie mit Gaming-Sound in Kinderzimmer-Optik.
Mathe ist bekanntlich vielen musisch veranlagten Schülern ein Graus. Das TdJW kombiniert das Angenehme mit dem Praktischen. Der 18-jährige Jakob (Martin Klemm) ist ein Ass auf dem Bolzplatz, aber nur ein mittelmäßiger Rechenkünstler. Unglücklicherweise erwartet sein hochbegabter Vater, der einen ominösen Geheimbund anführt, dass sein Filius binnen einer Stunde drei Knobel-Aufgaben löst, um das ultimative Böse zu besiegen.
Von Jakobs Rechenkünsten hängt plötzlich das Schicksal der Menschheit ab. Unterstützung erfährt der Jugendliche durch ein stark vergrößertes und zum Leben erwecktes Stofftier (Elisabeth Fues) mit Batman-Shirt, das sich zwar im mathematischen Formelwald auskennt, aber mit Jakob nicht ganz warm wird.
Ob das ungleiche Paar die Herausforderungen meistern kann, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Siebzig kurzweilige Minuten halten Jakob und das pelzige Tier die Zuschauer auf Trab. Das Stück richtet sich vornehmlich an Kinder ab 10 Jahren. Die pfiffigen Dialoge, die Regisseurin Michaela Dicu mit den Dramaturgen Lars Krüger und Winnie Karnofka erarbeitet hat, orientieren sich inhaltlich an den Lehrplänen für Fünft- und Sechstklässler.
Bruchrechnung, Potenzen und geometrische Gesetze mixen sich in pfiffigen Dialogen mit pubertärer Umgangssprache. Als Martin Klemm und Elisabeth Fues im Jugendslang berichten, wie Archimedes das nach im benannte Prinzip entdeckte, müssen selbst die Lehrer im Publikum schmunzeln.
Michaela Dicu inszeniert das Mathe-Stück als Sitcom, in der sich Wort- und Spielwitz die Hand reichen. Ausstatterin Vera Koch hat auf den Boden der Kleinen Bühne ein minimalistisches Kinderzimmer gebaut. Bett, Sitzklötze, Schrankregal, Papierkorb. Mehr Bühne braucht Dicu nicht, um zwei Schauspielern, Licht und Musik ein audiovisuelles Gesamtpaket zu schnüren, das die Zuschauer von zwei kleinen Tribünen aus verfolgen.
Die synthetischen 8-Bit-Melodien und diverse Soundeffekte, die Tonkünstler Vincent Hammel live am Synthsizer generiert, ähneln nicht ganz zufällig den Soundtracks früher Konsolenklassiker. Das Spielzeitheft weist die Inszenierung noch als Live-Computerspiel aus. Im Entwicklungs- und Inszenierungsprozess rückten allerdings komödiantische Elemente sichtbar in den Vordergrund.
Insgesamt ist “Teil dich oder ich fress dich” eine unterhaltsame Mathematikstunde für Kinder zwischen 10 und 14 Jahren. Pädagogisch wertvoll und urkomisch zugleich. Das Leipziger Kinder- und Jugendtheater wird seinem Bildungsauftrag sogar in doppelter Hinsicht gerecht. Begleitend zur Inszenierung zeigt das TdJW bis zum 30. Januar die Wanderausstellung “Mathematik zum Anfassen” des Mathematikums Gießen.
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