Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Aladin und der Wunderlampe aus "1001 Nacht"? Jasmin Solfaghari inszeniert Nino Rotas gleichnamige Oper in Leipzig als opulent ausgestatteten Märchen-Krimi. Ein mitreißendes Erlebnis für Groß und Klein.
Nino Rota (1911 – 1979) erlangte mit seinen Filmmusiken Weltruhm. Ab 1952 komponierte der Italiener bis zu seinem Tod alles für Fellini. Seine Kompositionen zu „Der Pate“ und „Der Pate II“ wurden in der Filmwelt zu Jahrhundert-Soundtracks. Für seine Arbeiten zum zweiten Teil der Corleone-Saga erhielt Rota den Oscar. Weniger bekannt sind dessen sinfonische Werke, seine Opern und Ballette. So gesehen zählt die szenische Aufführung seines „Aladino e la lampada magica“ neben der Fortführung des „Rings“ zu den musikalischen Leckerbissen dieser Leipziger Opernsaison.
Jasmin Solfaghari kennt sich mit den Bedürfnissen der jüngsten Operngänger bestens aus. In Leipzig inszenierte die Regisseurin zuletzt den „Ring für Kinder“. Den jungen Zuschauern zuliebe wird eine reduzierte Fassung gespielt. Das Ensemble singt in deutscher Sprache. Solfaghari nimmt ihr Publikum mit in eine epische Märchenwelt voller Geheimnisse und Magie. Stellenweise tummeln sich mit Chor und Kinderchor an die 50 Personen auf der weitläufigen Bühne.
Die frühere HMT-Professorin inszeniert figurativ. Aladin (Rodrigo Porras Garulo) ist der Gute, seine Mutter (Sandra Janke) die Arme, der Magier (Milcho Borovinov) der Böse, die Prinzessin (Paula Rummel) die Schöne, der Sultan (Jürgen Kurth) der Lustige. Der Ringgeist (Sejong Chang) ist in Ordnung, der Lampengeist (Manuel Helmeke) furchteinflößend. Die opulenten Kostüme von Ausstatter Sven Bindseil bedienen klischeehafte Stereotype. Dass Frauen teils vollverschleiert auftreten, hinterlässt zumindest einen faden Beigeschmack.
Die Technik hat an diesem Abend viel zu tun. Drehbühne, Pyrotechnik, Prospekte, ein offenes Lagerfeuer. Solfaghari und Bühnebildnerin Aida-Leonor Guardia reizen die Maschinerie der Opernbühne vollends aus. Wenn der böse Magier die Prinzessin samt Märchenschloss verschwinden lässt, entschwebt das ungleiche Paar auf einem Sofa in den Bühnenhimmel. Aladin und der Ringgeist verfolgen den Schurken. Natürlich stilecht mit dem fliegenden Teppich. Der Lampengeist erscheint als gigantischer Schatten eines clownesken Schamanen auf einer riesigen Leinwand. Das Schattenspiel zählt gewiss zu besseren Einfällen der Inszenierung.
Am Pult gibt Johannes Pell sein Leipziger Operndebüt. Der 1. Kapellmeister der Oper Bonn arbeitet präzise die vielen dramatischen Spitzen der Partitur heraus. Epische Klangkulissen mit Streichern und Blech wechseln mit ruhigen Rezitativen und melancholischen Arien, bei denen Rotas Vorliebe für Holzbläser hindurchschimmert. Pell breitet im Saal einen atmosphärisch mit dem Bühnengeschehen harmonierenden Klangteppich aus, kann aber nicht verhindern, dass das Gewandhausorchester stellenweise die Sänger deutlich übertönt.
Der Tenor Rodrigo Porras Garulo interpretiert Aladin als zaghaften Zweifler. Milcho Borovinovs dunkler Bass ist geeignet, um das eine oder andere Kind in der ersten Reihe einzuschüchtern. Um Kosten zu sparen, ist der Sänger auch als Großwesir zu hören. Sandra Jankes schrill eingefärbter Mezzosopran erweist sich für die Partie der jammernden Mutter als eine gute Wahl. Jürgen Kurth parodiert schon in seiner Erscheinung als fettleibiger Sultan regelrecht das altbackene Klischee des beleibten Opernsängers. Paula Rummel verführt die Zuhörer dagegen mit betörend vorgetragenen Arien.
Dem Publikum gefällt die musikalische Märchenstunde. Die Zuschauer spenden Mitwirkenden und Team lang andauernden Beifall. Für die Leipziger ist „Aladin und die Wunderlampe“ 2014 die einzige Möglichkeit, die große Neuinszenierung eines Märchenstoffes zu erleben. Das Schauspiel wärmt ab dem 23. November die brillante „Aschenbrödel“-Inszenierung aus dem Vorjahr wieder auf, bietet dazu zwei kleinere Studio-Produktionen an.
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