Am Dienstag, 28. Oktober, auf dem Huygensplatz und am Mittwoch, 29. Oktober, auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz, jeweils ab 11 Uhr, zeigt das Performance-Kollektiv Wessel & Hoffmann erneut die installative Performance "Forum frei". - Menschenverachtende Kommentare aus Internetforen stehen im öffentlichen Raum und zwingen die vorbeigehenden Bürger zu einer Haltung.
Auf einzigartige Weise entsteht ein Raum, der die BesucherInnen und Passanten für Alltagsrassismus und Hetzjagden sensibilisiert und Gespräche darüber anregt – in einer niedrigschwelligen Form, die es den einzelnen Menschen überlässt, wie tief sie sich in das Geschehen hineinwagen wollen. Auf künstlerische Weise konnten so Menschen verschiedenster Altersgruppen, politischer Orientierung und sozialer Schicht erreicht werden.
Recherchierte Zitate zwischen Rassismus, Sexismus und Abstumpfung werden auf den Flächen von 200 Sitzkartons in Versatzstücken als Installation im öffentlichen Raum präsentiert. Zwangsläufig muss jeder, der vorbeigeht, sich damit auseinandersetzen; auch Vorbeigehen und Weggehen ist ein Statement, das von anderen Passanten beobachtet und bewertet wird.
Die Performance findet also nicht in einem abgeschlossenen Raum statt, weder in dem Raum Internet noch im Theaterraum – so dass sich eben auch diejenigen an der Performance beteiligen, die sich in diesen Räumen nie aufhalten.
Doch die Installation ist nur ein Teil, der sichtbare Teil nämlich, des künstlerischen Aufbaus: Zwischen den Pappkartons steht die Box – in der sich Performer und Zuschauer treffen. In diesem ebenfalls aus Pappe bestehenden Häuschen besteht für die Passanten die Möglichkeit, einer Performerin zu erzählen, was diese Zitate auslösen – nicht über Meinungen zu sprechen, sondern der eigenen Geschichte Gehör zu verschaffen. Anders als im Internet geht es also um die Suche nach einem realen menschlichen Kontakt.
Mit unserem Rechercheaufbau eröffnen wir die Erforschung des Intimen im Politischen – auf einem öffentlichen Platz im Stadtraum. Was in der virtuellen Öffentlichkeit gepostet wurde, findet seinen Weg in die physische Öffentlichkeit – und offenbart einen übergroßen Hunger nach persönlichem Kontakt. Mitten in der Stadt wird sichtbar, was im Internet schnell weggeklickt werden kann: Rassismus, Frustration, Zorn. Überzeugungen und Gefühle vermischen sich zu einem schnell dahin geschriebenen Statement. Hinter den politischen Äußerungen der Nutzer verbergen sich Menschen, deren Geschichten viel über unsere politische Gesellschaft erzählen können. Wir treten an, diese Geschichten zu suchen. Irgendwo zwischen Installation, Performance und dokumentarischem Theater. Den Passanten bietet sich die Gelegenheit, sich und andere zu hinterfragen, miteinander in Kontakt zu kommen, die eigene Geschichte zu erzählen, inne zu halten – und danach mit dieser Erfahrung weiterzugehen.
Zur Geschichte von “Forum frei”: Der erste Teil von “Forum frei” begann als soziokulturelles Projekt, in dessen Rahmen die Installation entwickelt wurde: Dies Phase wurde durch den Fonds Soziokultur, die Amadeu-Antonio-Stiftung und den LAP Leipzig gefördert. 2014 wurde Forum frei fortgesetzt: Zunächst als Gastspiel in Halle als Teil der Wochen für Respekt, die rund um einen Thor Steinar Laden in der Hallenser Innenstadt statt fanden. Dann im Juni 2014 als Werkstatt im LOFFT, Leipzig (gefördert durch Werkstattmacher e.V.). Hier wurden die Erlebnisse aus dem öffentlichen Raum in berichtender Form dem Theaterpublikum zugänglich gemacht. Grundsätzlich richtet sich die Performance “Forum frei” an Passanten als zufälliges Publikum in einem öffentlichen Raum.
Die aktuellen Vorstellungen werden aus dem Lokalen Aktionsplan (LAP) der Stadt Leipzig am Bundesprogramm “Toleranz fördern Kompetenz stärken” gefördert.
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