Vom Kölner Theaterensemble "nö-theater" erarbeitet, feierte "V wie Verfassungsschutz" im September 2012 Premiere im Orangerie-Theater in Köln. Eigentlich sollte das Stück gleich an zwei Abenden in Leipzig zu sehen sein. Aber in der Moritzbastei fand man, einmal reicht auch. Also wird "V wie Verfassungsschutz" nur am Dienstag, 29. April, um 20:30 Uhr im UT Connewitz zu sehen sein.
Bei “V wie Verfassungsschutz” handelt es sich um eine Stückentwicklung, die die Theatergruppe anhand von Interviews, Reisebeobachtungen, Dokumentationen, Biographien und Zeitungsartikeln erarbeitet hat. Das Thema, der deutsche Inlandsgeheimdienst, hatte das “nö” bereits ausgewählt, bevor die Mordserie des NSU im September 2011 aufgedeckt wurde.
Laut Angabe des Verfassungsschutzes sind drei Viertel der Bevölkerung von der Notwendigkeit des Inlandsgeheimdienstes überzeugt. Doch die jüngsten Verwicklungen in die Mordserie des NSU werfen Fragen auf. Wie konnte das Neonazitrio dreizehn Jahre lang vor den Augen des Verfassungsschutzes ungehindert morden? War es Unfähigkeit oder bewusstes Kalkül? – Blickt man in die Vergangenheit des Verfassungsschutzes so stößt man auf eine Kontinuität der Skandale. Das Versagen scheint nicht persönlich, sondern strukturell bedingt zu sein. Doch gibt es dazu Alternativen? Ist der Verfassungsschutz reformierbar oder sind die Fehler ein notwendiges Übel eines Geheimdienstes?
Dem Verfassungsschutz nahe zu kommen scheint unmöglich, also folgt das nö-theater den tödlichen Spuren des NSU durch die Republik und entwickelt aus den Eindrücken ein Theaterstück, eine Geschichte, die nicht hätte passieren dürfen.Bei den Kölner Tanz- und Theaterpreisen 2012 wurde dieses Stück mit dem Kölner Theaterpreis 2012 und dem Kurt-Hackenberg-Preis 2012 ausgezeichnet, genauso wie bei dem internationalen Theaterfestival “ARENA… der jungen Künste 2013” mit dem Publikumspreis und bei den Heidelberger Theatertagen 2013 mit dem Jurypreis.
Aus der Laudatio bei der Verleihung des Kurt-Hackenberg-Preis 2012 an das nö-theater:
“Es sind ja nicht nur die endlosen Skandalgeschichten um den Verfassungsschutz seit seinem Bestehen, die schon jede für sich die Frage aufwirft, welche Funktion im Rechtsstaat diese Einrichtung eigentlich erfüllen soll. Das nö-theater macht aus dieser Kette des Versagens eine furiose Groteske, fast schon einen Comic – frei nach dem Motto ‘Pleiten, Pech und Pannen’. Der ernste Kern der Groteske geht neben aller Ironie und allem erfrischenden Klamauk dieser Aufführung aber nie verloren: Erstens, die Frage, wie viel der Verfassungsschutz von diesen Verbrechen wusste, und ob er tatenlos zugesehen hat. Und zweitens der Umstand, dass das
Versagen eines Bundesamtes, für das Stichworte wie ‘Schmücker-Mord’, ‘Celler Loch’ oder der gescheiterte NPD-Verbotsantrag stehen, an demokratisch-rechtstaatliche Grundlagen unseres Staates rührt. Das nö-theater formuliert eine scharfe politische Kritik mit theatralen Mitteln, der die komödiantisch-kabarettistische Verkleidung nichts von ihrer Schärfe nimmt. Im Gegenteil: Wahrscheinlich kann man nur mit dieser anarchischen Respektlosigkeit so scharf sein.”
Es spielen: Talke Blaser, Felix Höfner und Asta Nechajute. Die Inszenierung stammt von Janosch Roloff. Präsentiert wird es von radioglobalistic und dem UT Connewitz. Eintritt: 7 Euro ermäßigt / 10 Euro für VollzahlerInnen.
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