Am Donnerstag, 3. Oktober, geht es los. Dann startet die erste Saison des neuen Leipziger Schauspielintendanten Enrico Lübbe mit sechs Premieren und einem Konzert, ein Mammutprogramm für Leipzigs Theaterfreunde. Aber auch der Anfang einer Wiederannäherung des Leipziger Schauspiels und seines in der Vergangenheit nicht gerade wohlwollend behandelten Publikums. Dazu hat die L-IZ Enrico Lübbe ein paar Fragen gestellt.
Das Centraltheater heißt ab dieser Spielzeit wieder Schauspiel Leipzig. Einmal abgesehen vom künstlerischen Personal: Auf Veränderungen dürfen die Zuschauer gespannt sein?
Mit 30 Premieren, fünf Spielstätten, einem vergrößerten Ensemble, zahlreichen Kooperationen mit anderen Eigenbetrieben der Stadt Leipzig wie dem Gewandhaus, der Oper und dem Zoo und zudem vielen renommierten Gastspielen aus Hamburg, München und Berlin werden wir den Leipzigerinnen und Leipzigern ein sehr breitgefächertes Angebot unterbreiten. Von großen Klassikern der Weltdramatik über Leipziger Erstaufführungen und Uraufführungen zeitgenössischer Dramatiker bis zu einer internationalen Performance-Schiene, die es in der Form so in Leipzig noch nicht gab. Daneben werden wir viele Begleitveranstaltungen anbieten – von den regelmäßigen Einführungen und Nachgesprächen über eine Vielzahl theaterpädagogischer Angebote bis zu Formaten, die über den klassischen Theaterkanon hinausgehen. Die erfolgreiche Konzertschiene wird es weiter geben.
Wie haben Sie die ersten Wochen im Haus erlebt?
Sehr euphorisch. Die Stimmung ist gut, die Mitarbeiter extremst motiviert und voller Vorfreude. Klar steht gerade ein großer Berg von Arbeit vor uns – aber die inzwischen an uns herangetragenen vielen positiven Reaktionen der Leipzigerinnen und Leipziger auf unseren Start und der sehr, sehr gut angelaufene Kartenvorverkauf motivieren alle natürlich umso mehr.
Welche Rolle soll das Stadttheater in Leipzig künftig spielen?
Es soll ein offenes Haus sein. Offen für viele Interessen und Interessierte. Die Theaterlandschaft ist inzwischen so bunt, dass es schade wäre, nur einer Ästhetik zu folgen. Aber auch Leipzig ist eine vielfarbige Stadt mit unterschiedlichsten Interessen. Leipzig besitzt nun einmal “nur” ein Schauspielhaus. Da finde ich es wichtig, für viele Zielgruppen Angebote zu unterbreiten. Ich freue mich sehr über junges studentisches Publikum in unserem Haus. Aber auch ältere Zuschauer oder junge Familien gehören zum Stadtbild von Leipzig. Warum sollen sie sich in unserem Programm nicht wiederfinden?
Sie zeigen zur Saisoneröffnung an drei Tagen sechs Inszenierungen. Drei davon an einem Tag. Möchten Sie das Sitzfleisch der Leipziger Schauspiel-Liebhaber gleich zu Beginn Ihrer Intendanz überstrapazieren?
Ach, ich glaube, dass das “Sitzfleisch der Leipziger Schauspiel-Liebhaber” in den letzten Jahren ganz gut trainiert wurde. Aber ernsthaft: niemand verlangt ja, dass sich die Leipziger gleich alles an einem Tag ansehen müssen. Alle Premieren werden auch im normalen Repertoire zu sehen sein.
Welche Erwartungen richten Sie an das Leipziger Publikum?
Schauspiel Leipzig erfährt große Resonanz bei der Spielplanvorstellung für Pädagogen
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Leipziger Schauspiel: Hartmanns langer Schatten
Am 19. August beginnt Enrico Lübbes …
Mammutprogramm für Schauspielfans: Leipzigs neuer Intendant plant 30 Premieren
Selten zuvor war die Ernennung …
Dass auch Sie offen sind. Neugierig. Geduld und Vertrauen haben. Und uns weiter wohlgesonnen bleiben, auch wenn ihnen mal eine Inszenierung nicht gefällt.
Sie inszenieren zum Spielzeit-Start “Emilia Galotti”. Was fasziniert Sie an Lessings Figuren?
Es sind sehr gebrochene, oftmals sehr widersprüchliche, sehr komplexe Figuren, die keinen Schwarz-Weiß-Konzeptionierungen folgen. Es kämpft nicht Gut gegen Böse – höchstens glauben das die Figuren. Es gibt keine ungebrochenen Charaktere, die auf einer Linie glatt durchs Stück kommen. Stattdessen gibt es viele gefährdete, prekäre, brüchige Figuren. Und viele Sehnsüchte. Das macht es ziemlich modern. Lessing erzählt in der eiskalten Mechanik eines einzigen Tages, in dessen Verlauf sich die Geschichte zur Katastrophe verdichtet, von Figuren, die unter Stress stehen. Figuren, die mit sich selbst im Zweifelsfall nicht im Reinen sind. Figuren, die scheitern, oftmals an sich selbst. Die fehlreagieren. Die sich verzocken. Die Abgründe und Aggressionen haben – und zwar allesamt, nicht nur diejenigen der Figuren, die vermeintlich zu den “Bösen” gezählt werden könnten.
Welchen Zugriff haben Sie für Ihre Inszenierung gewählt?
Kommen Sie doch vorbei! Am 5.10. ist die Premiere, da können Sie es sehen.
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