Kinder erklären Kindern Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg, kurz gefasst, belacht und heftig beklatscht

Bayreuth. Im Juli kriegt die Kita Zwergenhügel lautstarke Konkurrenz. Nebenan vor und im Haus einer Probebühne der Bayreuther Festspiele singt ein Schülerchor auf Frankfurt/Main, ein Orchester auf Frankfurt/Oder spielt, junge Zuschauer sitzen mittendrin im Bühnenbild, das den Marktplatz von Nürnberg darstellt. Sogar Notenpulte sehen aus wie Häuser mit Butzenglasscheiben. Musiker und der Kinderchor, das sind hier die Handwerks-Lehrbuben, sind schon da, wenn die Besucher hereinströmen.

La, la, la – Wagner

Aus munterem Lalala-Singen erwächst unverkennbar Wagners Vorspiel der “Meistersinger von Nürnberg”. Hier geht alles etwas schneller, 1 Stunde 20 Minuten, aber es ist keine Fast- Food-Oper. Kinder zeichnen mit Kreide eine Frau, die Wandtafel reißt, und Eva steht dahinter. Sie wünscht sich mehr Leute! Auftritt für die Meister, die mit Kreide ihre Häuser auf rundum stehende Tafeln zeichnen, wie Kinder eben Häuser zeichnen.

Kostüme, wie gemalt

So wie die jungen Kostümbildner die Figuren entworfen haben, so wurden sie von Monika Gora und Dorothea Mines ausgeführt. Das heißt bei dieser Kollektion, was auf der Zeichnung mit dem Pinsel gemalt ist, sieht auch – vergrößert – aus, wie gemalt! Beim Goldschmied glänzen die Zähne goldig, und der Würzkrämer hat einen Kräuter-Topf auf dem Kopf. Nicht Couture, sondern Arbeitskleidung. Ritter Stolzing kommt zu Pferde, das ein Pferd sein muss, denn es hat einen Pferdekopf, frisst einen Apfel und lässt sich streicheln. Obwohl es sonst mit einem Fahrrad verwechselt werden könnte.
Wie auf der großen Bühne kämpfen die Sänger mit- und gegeneinander, nicht nur in der Prügelszene, sondern auch mit der Textverständlichkeit. Doch zur Premiere ist mucksmäuschenstilles Fachpublikum anwesend: jene Schulklassen die am Kostümbild-Wettbewerb teilgenommen haben, und schon wissen, worum es geht. Jetzt wollen sie es vorgespielt kriegen! Und etliche machen sich auch ihre Bilder, Kameras haben sie ja dabei.

Nicht nur junge Schüler sind beteiligt, auch der Studiengang Maskenbild der Bayerischen Theaterakademie August Everding.

Hartmut Keil dirigiert mit großem Lächeln und Fingerspitzengefühl für die musikalische Balance, denn selbst das verkleinerte Orchester hat Wucht in der musikalischen Fassung von Marko Zdralek und Eva-Maria Weiss, der Regisseurin. Hier werden auch Effekte vermieden, die es im Vorjahr schon gab.

Nach dem Schlussgesang entlädt sich die Publikumsbegeisterung in langen Applaus.

Kleine Festspiele

Jeweils ein Werk, das gerade nicht im Festspielhaus auf dem Spielplan steht, lockt die Kinder an. Moderne Regie-Sichten, zwischen pseudo-naiv oder Assoziationsangebote, wie etwa Wagner habe gar nicht die Stadt Nürnberg gemeint, kamen hier gar nicht erst auf. Hier ist noch Klang Bild. Figuren erzählen Geschichten. “Kinder schafft neues”, riet Meister Wagner, “zeigt es den Kindern neu”, mag man hinzufügen. “aber tut nicht so, als wäre es etwas Neues.”
So erzählt denn auch das kostenlose umfangreiche DIN-A-4-Programmheft nicht nur die Geschichten der Kostüme umgeben von Bastelbogen und Kreuzworträtsel, sondern auch die Biografie des Schuhmachers und Dichters Hans Sachs.

Immerhin begannen die Bayreuther Festspiele nun schon zum vierten Male schon am Mittag. Noch vor der Auffahrt der Promis, und dem Einmarsch der Stammgäste, satirisch auch Betriebsausflug der B-VIPs genant. Man muss das ja nicht haben, wenn man von einem Kind als Begleitperson mit auf die Probebühne mitgenommen wird.

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